Möglichkeiten der inklusiven Berufsausbildung
In vielen Fällen können Menschen mit Behinderung eine Ausbildung beginnen, ohne dass eine besondere Förderung nötig ist, sie können also eine reguläre duale Ausbildung absolvieren. Sollte dies nicht möglich sein, gibt es verschiedene Möglichkeiten eine angepasste Ausbildung zu absolvieren oder verschiedene Unterstützungsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen.

Fachpraxisausbildungen
Fachpraxisausbildungen sind Alternativen zu den anerkannten Ausbildungsberufen und werden theoriereduziert durchgeführt. Sie sind im Berufsbildungsgesetz (BBiG) in § 66 und im Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung, HwO) in §42r geregelt.
Voraussetzungen für eine Fachpraxisausbildung ist das Vorliegen einer Behinderung, eines besonderen Förderbedarfs oder einer sozialen Benachteiligung. In der Regel führen Träger (z. B. Berufsbildungswerke) und im Einzelfall private oder öffentliche Arbeitgeberinnen bzw. Arbeitgeber die Fachpraxisausbildungen durch. Die Erstausbildung zur Fachpraktikerin bzw. zum Fachpraktiker wird über die Agentur für Arbeit beantragt und ist erst dann möglich, wenn andere Unterstützungsformen (wie beispielsweise Nachteilsausgleiche oder die Assistierte Ausbildung) ausgeschlossen werden. Darüber hinaus müssen die verantwortlichen betrieblichen Ausbilderinnen und Ausbilder über eine Rehabilitationspädagogische Zusatzqualifikation (ReZA) verfügen und die betriebliche Ausstattung muss behindertengerecht gestaltet sein.
Linktipp
Eine Übersicht über die Ausbildungsberufe für Menschen mit Behinderung nach §66 BBiG /§42r HwO in den verschiedenen Branchen finden Sie auf der Website des BIBB:
Die erfolgreiche Ausbildung zur Fachpraktikerin bzw. zum Fachpraktiker kann im Nachgang auch um die Vollausbildung ergänzt werden und stellt keinesfalls den Endpunkt einer beruflichen Qualifikation dar. Es gibt viele Beispiele, wie im Anschluss auch die Vollausbildung noch absolviert werden konnte.
Praxisbeispiel: René backt große Brötchen
In einem Video des sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz wird am Beispiel des Bäckergesellen René R. gezeigt, wie er es über die Ausbildung vom Fachpraktiker zum Bäckergesellen geschafft hat.
Assistierte Ausbildung (AsA)
Die Assistierte Ausbildung ist eine Fördermaßnahme durch die Bundesagentur für Arbeit. Ziel der AsA ist es, die Ausbildungsfortsetzung bzw. den Ausbildungsabschluss zu gewährleisten, wenn diese gefährdet sind. Sozial benachteiligte Auszubildende, Auszubildende mit Lernbehinderungen, Sprachschwierigkeiten o. ä. sind die Zielgruppen. Hier werden maßgeschneiderte Förderpläne nach Bedarf (Nachhilfe, Prüfungsvorbereitung, sozialpädagogische Unterstützung o.ä.) und für eine individuelle Unterstützung erstellt und Träger in deren Umsetzung eingebunden. Die Kosten der AsA trägt die Agentur für Arbeit.
Wenn ein besonderer Förderbedarf beim Übergang von der Schule in den Beruf besteht, hat der junge Mensch das Recht auf besondere Unterstützung und Hilfsmaßnahmen, um weiterhin ausreichend gefördert zu werden.
Der besondere Förderbedarf bezieht sich dabei auf einen spezifischen Bereich (z. B. Schule oder Sozialpädagogik). In diesem Bereich erhalten die jungen Erwachsenen dann konkrete Unterstützung. Diagnostiziert wird der besondere Förderbedarf von der jeweils zuständigen Institution wie z. B. der abgebenden Schule, dem Jugendamt oder der Agentur für Arbeit.
Alle staatlichen Förderleistungen zur Unterstützung von Jugendlichen mit besonderem Förderbedarf werden unter dem Begriff Benachteiligtenförderung zusammengefasst.
Verzahnte Berufsausbildung mit Berufsbildungswerken (VAmB)
Bei der Verzahnten Ausbildung mit Berufsbildungswerken (VAmB) lassen sich Jugendliche in einer beruflichen Rehabilitationseinrichtung (z. B. einem Berufsbildungswerk) ausbilden und absolvieren mindestens sechs Monate ihrer Ausbildungszeit in einem Betrieb (Praxisanteil der Ausbildung). Die verzahnte Ausbildung ist in allen Ausbildungsberufen möglich und erhöht durch die eingeflochtene Praxis die Chance auf eine betriebliche Anschlussbeschäftigung. Der Übergang in die betriebliche Ausbildung ist jederzeit möglich. Träger der Maßnahme ist das Berufsbildungswerk; Ausbildungsvergütung und Sozialversicherungsbeiträge werden von diesem übernommen.
Begleitete betriebliche Ausbildung (bbA)
Die begleitete betriebliche Ausbildung (bbA) ist eine Maßnahme der beruflichen Rehabilitation nach § 117 SGB III und wird von der Agentur für Arbeit gefördert. Sie richtet sich an Jugendliche mit besonderem Förderbedarf während der Ausbildung und findet im Betrieb statt. Ein Bildungsträger leistet für den Betrieb und die Auszubildende bzw. den Auszubildenden während der gesamten Ausbildungszeit bei Bedarf psychologische und (sozial-)pädagogische Unterstützung und hilft bei der Vermittlung von fachtheoretischen Inhalten.

Teilzeitberufsausbildung
Auch eine Berufsausbildung in Teilzeit kann an die besonderen Bedürfnisse von Auszubildenden mit Behinderung angepasst werden kann. Dabei wird die tägliche bzw. wöchentliche Ausbildungszeit reduziert und zumeist die Dauer der Berufsausbildung entsprechend verlängert. Das Ausbildungsziel ist gleichbleibend gegenüber einer dualen Berufsausbildung in Vollzeit. Menschen mit Behinderung können über eine Teilzeitberufsausbildung ggf. den Einstieg in eine Vollzeitberufsausbildung finden.
Linktipp
Weitere Informationen zur Teilzeitberufsausbildung finden Sie im Leitfaden für ausbildende Fachkräfte auf foraus.de:
Weitere Ausbildungsförderungen für Menschen mit Behinderung
Berufsausbildungsbeihilfe (BAB)
Die Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) ist eine Förderung der Bundesagentur für Arbeit, die Menschen mit Behinderung erhalten, wenn diese an allgemeinen Maßnahmen der Berufsausbildung (z. B. berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen, Grundausbildung oder anderen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) teilnehmen. Eine Voraussetzung für den Bezug ist z. B., dass der Ausbildungsbetrieb zu weit entfernt von der elterlichen Wohnung ist oder dass eine Auszubildende bzw. ein Auszubildender in einer Assistierten Ausbildung ist.
BAB können auch Auszubildende ohne Behinderung beantragen. Bei einer Behinderung gelten für den Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe besondere Regeln.
Unterstützte Beschäftigung (UB) - individuelle betriebliche Qualifizierung (InbeQ)
Über eine Ausbildung hinaus gibt es weitere Fördermöglichkeiten, um Menschen mit Behinderung den Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Diese individuellen Fördermaßnahmen werden unter dem Begriff der Unterstützten Beschäftigung zusammengefasst. Sie bieten auch eine Alternative zur Beschäftigung in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung.