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Ausbildung durchführen: Methoden der handlungsorientierten Ausbildung

Unter welchen Lernbedingungen wird gut gelernt? Das Auswendiglernen gehört kaum dazu. Um Berufsfähigkeit herzustellen, kommt es darauf an, erworbenes Wissen im beruflichen Handeln anzuwenden, Erfahrungen zu sammeln und Fehler, aus denen man lernt, machen zu dürfen.

Ausbildung durchführen: Methoden der handlungsorientierten Ausbildung

Selbstorganisiertes Aneignen, Planen, Anwenden und Beurteilen von Kenntnissen und Fertigkeiten, Wissen und Kompetenzen motiviert und fördert das Selbstbewusstsein. Das Ausbildungspersonal fungiert als Lernbegleitung. 

Folgende Grundprinzipien sollten dabei gelten:

  • Regelmäßige Besprechungen mit den Auszubildenden zum Ausbildungsverlauf und -Ergebnissen
  • Möglichkeiten zur Realisierung von Projekten und selbstständigem Lernen schaffen
  • Ausbildungsinhalte verständlich erklären und selbstständig anwenden lassen
  • Wenn nötig, klare Arbeitsanweisungen geben
  • Lob und konstruktive Kritik geben, auch im Umgang mit Fehlern
  • Unterschiedliche Methoden anwenden und Lernmedien zur Verfügung stellen
  • Angemessene und abwechslungsreiche (keine ausbildungsfremden) Arbeitsaufgaben vergeben
  • Übergeben von Verantwortung in angemessenem Umfang

Organisieren Sie sich Lehr- und Lernmaterial

Organisieren Sie sich Lehr- und Lernmaterial. Viele andere Unternehmen bilden auch aus. Recherchieren Sie brauchbare Materialien für Ihre Ausbildungsberufe, die Ihre Arbeit bereichern und erleichtern. Erwarten Sie dabei keine Rezepte, die Sie einfach nehmen und anwenden können. Holen Sie sich vor allem Inspiration, denn jedes Unternehmen ist anders.

Die inhaltlich-zeitliche Gliederung der Ausbildung ist ein hervorragender Ausgangspunkt, um handlungsorientierte Ausbildung zu planen. Überlegen Sie zu welchem Thema welche Geschäftsabläufe passen und was konkret die Auszubildenden erlernen sollen.

Grafik 4-Stufen-Methode
Illustration der Vier-Stufen-Methode

1. Vier-Stufen-Methode

Bei dieser Methode macht der Ausbilder bzw. die Ausbilderin die einzelnen Arbeitsschritte vor, die der Auszubildende dann genauso nachmachen soll. Die Vier-Stufen-Methode ist ausbilderzentriert. D.h., der Ausbilder oder die Ausbilderin steuert den gesamten Prozess.

A. Vorbereiten

  • Arbeitsmittel bereitstellen
  • Lernziel nennen
  • Vorkenntnisse klären
  • Lernziele in Gesamtzusammenhang stellen
  • Interesse wecken/motivieren

B. Vormachen/erklären

  • Vormachen
  • Erklären (Was, wie, warum...)
  • In Teilschritten Wesentliches wiederholen

C. Nachmachen/erklären lassen

  • Nachmachen lassen
  • Erklären lassen (Was, wie, warum...)
  • Kontrollfragen stellen
  • Fehler korrigieren
  • Wiederholung
  • Sicherheit geben
  • Loben

D. Selbstständig anwenden lassen/üben

  • Selbstständig anwenden lassen
  • Ggf. beobachten, helfendes Eingreifen
  • Erfolgskontrolle/ Verbesserungsmöglichkeiten
  • Loben
  • Evtl. Hinweis auf weiterführende Tätigkeiten

Beispiel: Tätigkeiten im Kassenbereich

Leittextmethode
Leittext erstellen

2. Leittextmethode

Die Leittextmethode gibt den Auszubildenden die Möglichkeit, Arbeitsaufgaben selbstständig zu lösen. Das Ausbildungspersonal übernimmt hier vor allem begleitende Aufgaben.

Die Leittextmethode eignet sich in kleinen Unternehmen vor allem für Arbeitsprozesse, die häufig bearbeitet werden müssen und wichtig sind (z.B. im Handel: Kasse/Kassenbuch, Warenannahme, Warenpräsentation etc.).

Leittext erstellen:

  • Planung einer Arbeitsaufgabe
  • Strukturierung der Arbeitsaufgabe
  • Zuordnung von Wissen und Kompetenzen
  • Bereitstellung von Informationsmaterial und Informationsquellen
  • Formulierung von Leitfragen

Begleitung:

  • Kontrolle der Planung, ggf. Hilfestellungen im Lösungsprozess
  • Bewertung der Leistung in einem Abschlussgespräch, Lob

Weitere Informationen: Ausbilden mit der Leittextmethode

Aufgaben der Auszubildenden:

1. Selbständiges Informieren

  • Vertraut machen mit der Aufgabenstellung und Begleitmaterialien

2. Selbstständiges Planen

  • Schriftliche Beantwortung der Leitfragen
  • Wie soll das Problem gelöst werden, wie soll vorgegangen werden?
  • Planung und Organisation der Arbeitsabläufe
  • Welche Arbeitsmittel werden benötigt?
  • Woran messe ich die erfolgreiche Lösung?
  • Erstellen eines Arbeitsplanes

3. Entscheiden

  • Überprüfung der Planung in Absprache mit dem/der Ausbilder/-in
  • Entscheidung treffen hinsichtlich der Vorgehensweise

4. Selbstständiges Durchführen

  • Selbstständige Bearbeitung/Lösung des Problems

5. Selbständiges Kontrollieren

  • Selbsteinschätzung vornehmen - was ist gut, was ist weniger gut gelungen
  • Welche Verbesserungsmöglichkeiten bestehen?

6. Auswerten

Leittextmethode 2
Aufgaben der Auszubildenden

Um den Kunden immer ausreichend Ware anbieten zu können, wird regelmäßig Ware nachbestellt oder auch neu ins Sortiment aufgenommen.

Ihre Aufgabe ist es, genau zu beschreiben, worauf es bei der Warenannahme ankommt.

Folgende Teilschritte sind dazu zu beachten:

  • Wie stellen Sie fest, welche Ware in welcher Menge geliefert wurde?
  • Worauf ist beim Abgleich von Lieferschein und Warenlieferung zu achten?
  • Wie wird das MDE-Gerät eingesetzt?
  • Was sagt der Strichcode aus?
  • Wie werden Abweichungen dokumentiert?
  • Wie überprüfen Sie die Ware auf evtl. offene Mängel?
  • Wie dokumentieren Sie diese Mängel?
  • Warum muss der Lieferschein auch mit dem Lieferauftrag abgeglichen werden?
  • Worauf ist dabei zu achten?
  • Wie gehen Sie bei Abweichungen vor, wenn z. B. weniger geliefert wurde als bestellt oder Mängel an der Ware festgestellt wurden?

Wissen:

Ausbildungsordnung: 7 Warenwirtschaft (§ 12 Abs. 1, Nr. 7), 7.2 Bestandskontrolle

  • Sachmangel
  • Mängelrüge
  • Lager- und Transportvorschriften
  • Warenpflege
  • MDE
  • Strichcode

Kompetenzen:

  • Zuverlässigkeit/Gewissenhaftigkeit bei der Warenannahme und -kontrolle
  • Problemlösefähigkeit bei der Feststellung von Mängeln

3. Lernbogen

Bei der Leittextmethode steht eine spezifische Aufgabe im Mittelpunkt, für die ein Leittext mit Leitfragen entworfen werden muss. Dies ist sehr aufwändig und eignet sich deshalb nicht für alle Arbeitsaufgaben. Eine Alternative dazu sind sogenannte Lernbögen.

Mit Hilfe von Lernbögen können sich Auszubildende Arbeitsabläufe und deren Beurteilung selbst erarbeiten - abhängig von Ihrer Ausbildungsplanung.

Beispiel: Lernbogenentwurf BiBB

4. Lehrgespräch

Das Lehrgespräch eignet sich für kleinere, zeitlich begrenzte Aufgabenstellungen. Es sollte kurz, knapp und zielführend gestaltet sein und den Auszubildenden anschließend die Möglichkeit zur Anwendung des Gelernten geben.

Der Ablauf kann immer gleich oder ähnlich gestaltet werden. Besonders wichtig ist jedoch die Begründung oder auch gemeinsame Erarbeitung, warum das Thema so wichtig ist.

Ablauf:

  • Thema benennen und konkrete/messbare Lernziele definieren
  • Vorkenntnisse erfragen (Abgleich mit Berufsschulinhalten)
  • Bedeutung/ Wichtigkeit des Themas benennen und damit motivieren
  • im gemeinsamen Gespräch Thema bearbeiten
  • Zusammenfassung

5. Kurzvorträge

Kurzvorträge eignen sich vor allem für die Einführung in neue und noch unbekannte Themen bei mindestens zwei Auszubildenden. Veranschaulichungsmaterialien (PC, Dokumente, Übersichten etc.) erleichtern dabei das Erfassen des Gesagten. Zwischenfragen sollten immer erlaubt sein - wenn nicht sogar gefordert werden, um die Auszubildenden aktiv zu beteiligen.

Beachten Sie eine klare Gliederung des Vortrags (Einleitung, Hauptteil, Schluss), formulieren Sie straff und zielführend.

Überlegen Sie auf jeden Fall ähnlich wie beim Lehrgespräch:

  • Thema benennen, Lernziele definieren
  • Vorkenntnisse berücksichtigen
  • Bedeutung/Wichtigkeit des Themas hervorheben
  • Zielgruppenorientierte Aufbereitung der zu vermittelnden Informationen (z.B. anhand eines praxisorientierten lebensnahen Beispiels)
  • Zusammenfassung

Kurzvorträge sind aber auch hervorragend für Auszubildende geeignet. Statt selbst einen Vortrag zu halten, können Sie das Thema auch an Auszubildende geben. Sie müssen nur daran denken, eine konkrete Aufgabenstellung zu formulieren und Vorgaben hinsichtlich Umfang etc. zu geben und Recherchemöglichkeiten zu schaffen. Für die Bearbeitung von Kurzvorträgen muss Zeit eingeräumt und ein Lernort zur Verfügung gestellt werden.

Für einen Kurzvortrag ist beispielsweise das Thema "Der Ausbildungsbetrieb" gut geeignet.

Auszug aus der Verordnung über die Erprobung abweichender Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen in der Berufsausbildung im Einzelhandel im Ausbildungsberuf Kaufmann im Einzelhandel/Kauffrau im Einzelhandel vom 24. März 2009
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 17, ausgegeben zu Bonn am 1. April 2009

1. Der Ausbildungsbetrieb (§ 1 Absatz 1 Nummer 1)
1.1 Bedeutung und Struktur des Einzelhandels
1.2 Stellung des Ausbildungsbetriebes am Markt
1.3 Organisation des Ausbildungsbetriebes

6. Projektmethode

Die Projekt-Methode ist wie die Leittextmethode auf selbstständiges Lösen von Aufgaben- und Problemstellungen orientiert. Die Projektmethode eignet sich vor allem für komplexere Aufgabenstellungen, die sachlich und zeitlich begrenzt sind und im Team gelöst werden. D.h., es sollten mindestens 2-3 Auszubildende zusammenarbeiten. Dies kann im Zweifelsfall bei bestimmten Themen auch ausbildungsjahrübergreifend stattfinden.

Auch wenn die Vorbereitungszeit nicht zu unterschätzen ist, möchten wir anregen, auch in kleinen Unternehmen - vorausgesetzt Sie haben mehr als einen Auszubildenden - ein bis zwei Projektarbeiten pro Ausbildungsjahr zu initiieren. Einmal entwickelt können sie sicher in aktualisierter Form immer wieder Anwendung finden.

Hinsichtlich Lernerfolg und Kompetenzentwicklung nimmt die Projektmethode eine Spitzenreiterposition ein. Zu beobachten ist auch immer wieder der hohe Motivationseffekt, der im Rahmen einer Projektarbeit entstehen kann.

Beispiel Projektarbeit: Falschgeld

Checkliste Projektarbeit

Checkliste Projektarbeit Thema festlegen Ziele definieren (SMART-Formel) - Spezifisch (konkrete Ziele) - Messbar (damit überprüfbar) - Aktionsorientiert (Darstellung von Teilschritten/Aktionen) - Realistisch (auch bei Problemen) - Terminierbar (konkretes Zeitfenster) Projekt strukturieren Zeitrahmen und Meilensteine festlegen Ergebnispräsentation und Projektauswertung planen