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Medienkompetenz im Kontext überbetrieblicher Ausbildung als Herausforderung

12.09.2018

Die Pilotprojekte des Sonderprogramms zur Förderung von Digitalisierung in überbetrieblichen Berufsbildungsstätten (ÜBS) und Kompetenzzentren (Sonderprogramm ÜBS-Digitalisierung) trafen sich am 27. und 28. Juni 2018 zu ihrem sechsten Netzwerktreffen. Gastgeber war das Berufsbildungs- und Technologiezentrum (BTZ) der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim. Im Zentrum des Austauschs standen der Begriff der Medienkompetenz und die Möglichkeiten zur Förderung von Medienkompetenz in überbetrieblichen Einrichtungen.

Medienkompetenz im Kontext überbetrieblicher Ausbildung als Herausforderung

Der Begriff der Medienkompetenz taucht seit Jahren an ganz unterschiedlichen Stellen auf, ohne dass er bislang eindeutig definiert wäre. Die Digitalisierung der Arbeitswelt in zunehmend allen Gewerken und die Möglichkeiten digitaler Lernmedien machen es notwendig, sich näher mit Medienkompetenz zu befassen. Nur so können Auszubildende unter diesen sich verändernden Rahmenbedingungen auf ihr späteres Berufsleben hin zielgerichtet und nachhaltig qualifiziert werden.

In einer Studie des BIBB (vgl. Krämer et al. 2017) wurde die Bedeutung des Begriffs im Kontext der beruflichen Bildung näher untersucht. Die Forschung fokussiert jedoch bislang auf die Medienkompetenz von Auszubildenden und wie diese in der Ausbildung durch betriebliches Ausbildungspersonal entwickelt und ausgebaut werden kann.

Im Kontext der überbetrieblichen Ausbildung in Berufsbildungsstätten stellen sich jedoch andere Fragen und Herausforderungen, denn die Art der Unterweisung und die zeitlich-organisatorischen Bedingungen sind in der ÜBS andere als im Betrieb. Hier werden die Auszubildenden i.d.R. nur wochenweise in Lehrgängen, die durch Unterweisungspläne vorstrukturiert sind, unterwiesen. Die Lehrgangsstruktur begrenzt den Zeitraum der unmittelbaren Interaktion mit dem oder der Auszubildenden und grenzt somit die Handlungsmöglichkeiten des überbetrieblichen Ausbildungspersonals ein.

Vor diesem Hintergrund tauschten sich Projektvertreter und Projektvertreterinnen der acht Pilotprojekte zu ihren Erfahrungen, notwendigen Rahmenbedingungen und zu Herausforderungen mit der Qualifizierung des Ausbildungspersonals aus, das - so die Erfahrungen aller Pilotprojekte - häufig erst in die Lage versetzt werden muss, digitale Lern- und Arbeitsmedien zielgerichtet und didaktisch begründet in die ÜLU-Lehrgänge zu integrieren.

Für eine gelingende Implementation von Ausbilderqualifizierungen ist nach Einschätzung der Netzwerkprojekte die organisatorische Verankerung des Themas bei der Leitung der U?BS förderlich. Wird das Thema von der Leitung hoch priorisiert und gibt es eine innovationsfreundliche Lernkultur in der U?BS, sind i. d. R. auch die notwendigen zeitlichen und infrastrukturellen bzw. software-technischen Voraussetzungen für die Qualifizierungen des Ausbildungspersonals gegeben.

Herausforderungen bestehen unter anderem darin, alle Ausbilderinnen und Ausbilder für die Nutzung digitaler Medien und Arbeitsmittel zu gewinnen und vom Mehrwert des Einsatzes moderner Medien zu überzeugen, um ein entsprechendes Selbstverständnis beim Medieneinsatz zu erreichen. Zudem muss dem Bildungspersonal auch die notwendige Vorbereitungszeit eingeräumt werden, die Ausbilderinnen und Ausbilder aufgrund der Vielzahl von anderen Aufgaben oftmals nicht haben.

Deutlich wurde ferner, dass Medienkompetenzschulungen für das Ausbildungspersonal in Konkurrenz zu anderen, insbesondere fachlichen Qualifizierungen stehen, die das Ausbildungspersonal auch absolvieren muss und möchte. Das reguläre Weiterbildungskontingent reicht daher selten aus, um das Ausbildungspersonal für die neuen, sich künftig weiterentwickelnden Möglichkeiten und Notwendigkeiten der medienunterstützten überbetrieblichen Ausbildung zu qualifizieren, zumal dies auch didaktisches Umdenken und den Abschied von alten Rollenmustern erfordert.

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Die Teilnehmenden des sechsten Netzwerktreffens der Pilotprojekte im Sonderprogramm ÜBS - Digitalisierung

Als ein gutes Beispiel kann das Elektro Technologie Zentrum (etz) Stuttgart herangezogen werden. Dort wurde dies früh erkannt und die Geschäftsführung hat hierauf strategisch reagiert, indem die Weiterbildung der Mitarbeiter organisatorisch verankert wurde und seither konsequent und dauerhaft betrieben wird. Mindestens einmal jährlich findet ein Abgleich zwischen dem aktuellen Qualifikationsprofil des Ausbilders bzw. der Ausbilderin mit den technologischen und methodisch-didaktischen Anforderungen der Lehrgänge und Einsatzgebiete statt, für die die betreffenden Personen eingeplant werden. Das Tempo des technologischen Fortschritts bedingt, dass Ausbilderqualifizierung zur Daueraufgabe wurde, für die zeitliche und finanzielle Ressourcen eingeplant und bereitgestellt werden müssen.

Eingebettet ist die Qualifizierung dort in die digitale Lernplattform Werkstatt 4.0 und fokussiert einerseits darauf, dass die Ausbilderinnen und Ausbilder mit der vorhandenen Lernperipherie (u. a. Netzwerkinfrastruktur, Lerninseln, Endgeräte und Softwaretools) umgehen können und sie andererseits digitale Lernszenarien auch selbst gestalten.

Die Umsetzung der Qualifizierung erfolgt in vielfältigen und sich ergänzenden Formaten (u. a. Schulungen, Coaching, Hospitationen und Workshops) und folgt den Leitgedanken der Bedarfsorientierung, der Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen (Kollaboration) und der Selbststeuerung.

Ein weiteres gutes Beispiel für Medienkompetenzschulungen und Kompetenzentwicklungen des Ausbildungspersonals ist das Train-the-Trainer Seminar des Berufsbildungs- und Technologiezentrums (BTZ) Osnabrück. In diesem Seminar zur Einbindung von Medien in die Lernumgebung bearbeiten Ausbilderinnen und Ausbilder sowie Dozentinnen und Dozenten eigene kleine Medien-Projekte z.B. zur Erstellung von Medienbausteinen für den Einsatz in der eigenen Ausbildertätigkeit. Dabei werden sie tutoriell durch ein Expertenteam oder Mitarbeitende des Kompetenzzentrums betreut. Essentiell für die Teilnahme an dem Train-the-Trainer Seminar ist, dass das Ausbildungspersonal den Mehrwert digitaler Medien erkennt und motiviert ist, neue Technologien und Medien einzusetzen.

Mit dem Online-Portal "Bürokaufleute online" wurde ein Angebot des Bildungszentrums der Handwerkammer Dortmund vorgestellt, welches Ausbilderinnen und Ausbilder in der Durchführung der überbetrieblichen Lehrgänge unterstützen kann. Sie erhalten dort Anregungen für ihre Lehrgänge in Form von beispielhaften Unterrichtsverläufen, Arbeitsmarktmaterialien, Informationen zu möglichen Methoden, aber auch Anleitungen für die Nutzung digitaler Medien und Software (z. B. "Online-Umfragen erstellen").

Die drei Praxisbeispiele ermöglichten es den Teilnehmenden, unterschiedliche Perspektiven in der Diskussion über Medienkompetenz in der überbetrieblichen Ausbildung zu diskutieren.

Das nächste Netzwerktreffen im Sonderprogramm ÜBS-Digitalisierung findet Ende September in Dresden statt.