Dental Digital³ – Einsatz digitaler Methoden in der Zahntechnik
14.11.2018
Im Projekt Dental Digital³ werden neue Kursmodule mit digitalen Inhalten für die überbetriebliche Ausbildung in der Zahntechnik entwickelt. Diese wurden in einem Pilotkurs zum Herstellen von zahntechnischen Arbeiten im CAD-/CAM-Verfahren erstmals erprobt.

Hintergrund
Die digitalen Technologien zur Herstellung von Zahnersatz sind derzeit noch nicht umfänglich in der Ausbildung zum/zur Zahntechniker/in integriert. Daher entwickelt das Kompetenzzentrum Digitale Zahntechnik im Rahmen des Netzwerkprojektes des "Sonderprogramms ÜBS-Digitalisierung" u.a. zwei Pilotlehrgänge zur Vermittlung dieser digitalen Inhalte. Die Erprobung des Pilotkurses zum Herstellen von zahntechnischen Arbeiten in Verfahren des rechnerunterstützten Konstruierens und der rechnerunterstützten Fertigung (CAD-/CAM-Verfahren) fand am 2. Juli 2018 mit neun Auszubildenden statt.
Aufbau der überbetrieblichen Werkstatt für Zahntechnik
Im Zuge des Sonderprogramms "ÜBS-Digitalisierung" wurde die überbetriebliche Werkstatt von Grund auf umgebaut. In der Werkstatt sind ein Platz für den Ausbildenden und zwölf Arbeitsplätze für die Auszubildenden in Form von drei Lerninseln eingerichtet. Die Einteilung in Lerninseln ist nicht nur platzsparender als eine Aufteilung in Reihen: Die gewonnenen Freiflächen werden genutzt, um mobile Maschinen direkt im Schulungsraum zu platzieren und mit diesen vor Ort zu arbeiten.
Jeder Arbeitsplatz ist mit einem versenkbaren Bildschirm, einem Rechner mit umfangreicher Software, einer eigenen Beleuchtung sowie einem Arbeitsmikroskop ausgestattet und an die zentrale Feinstaubabsaugung angeschlossen. Der Bildschirm kann komplett abgesenkt werden, damit auch manuelle Arbeiten an jedem Arbeitsplatz durchgeführt werden können. In der überbetrieblichen Werkstatt befinden sich die Scanner zum Digitalisieren von Gebissmodellen sowie eine Intraoralscananlage. Direkt angeschlossen an die Werkstatt sind die Räume für die Fräsmaschinen, 3D-Drucker und sämtliche "analogen" Gerätschaften zur Herstellung von Zahnersatz. So können alle Arbeitsschritte wie in der betrieblichen Praxis durchgeführt werden.
Konzept des ersten Pilotlehrgangs
In diesem Pilotkurs soll von den Auszubildenden eine Verblendkappe und eine Kunststoffschiene mit Unterstützung digitaler Technologien erstellt werden. Die dafür benötigten Daten werden vom Zahnarzt entweder als plastisches Modell oder als digitales Abbild (mittels Intraoralscanner) zugeliefert. Die Auszubildenden sollen nicht nur die Fertigung der zahntechnischen Produkte erlernen, sondern auch die Datenerhebung mit dem Intraoralscanner kennenlernen. Nur so kann der Zahntechniker / die Zahntechnikerin kompetent mit dem Zahnarzt / der Zahnärztin kommunizieren und zum Beispiel Messfehler erkennen. Daher scannen die Auszubildenden die (austauschbare) Gebisssituation an einem Übungskopf selbst (siehe Bildergalerie) und arbeiten dann mit den ermittelten Daten weiter.
Im Lehrgang werden die Patientendaten einmal als plastischer Abdruck und einmal als digitales Abbild erfasst. Auf dieser Basis fertigen die Auszubildenden ein plastisches Modell via 3D-Druck als Zwischenprodukt an.
Anschließend erarbeiten Ausbildende und Auszubildende in der Theorie die Unterschiede verschiedener Scanner-Technologien, deren Fehlerquellen und stellen Vor- und Nachteile gegenüber. Daraufhin scannt jeder Auszubildende "sein" Modell mit den in unserer Werkstatt zur Verfügung stehenden beiden Scanverfahren selbst. Die Datensätze werden in der Bibliothek gespeichert, sodass immer mit den eigenen Daten weitergearbeitet wird.
Wissensvermittlung unter Einsatz einer Präsentationssoftware
Um Zahnersatz maschinell subtraktiv (fräsen) bzw. additiv (zum Beispiel mit 3D-Druck) herstellen zu können, muss das Objekt am Computer konstruiert (designed) werden. Um diese Fertigkeiten zu unterweisen, bedienen sich die Ausbildenden der Präsentationssoftware "Vision". Dabei sind die Rechner und Bildschirme der Auszubildenden sowie des Ausbildenden miteinander vernetzt. Der Ausbildende ist Administrator und überträgt als solcher die Erstunterweisung des CAD-Programms auf die Monitore der Teilnehmer, um die Arbeitsgänge Schritt für Schritt und Klick für Klick zu demonstrieren. Anschließend arbeitet jeder Auszubildende an seinem Arbeitsplatz, wobei die Präsentationssoftware Möglichkeit für den Ausbildenden bietet, sich live auf den Arbeitsplatz des Auszubildenden zu schalten. Dadurch kann er die Auszubildenden individuell zu betreuen bzw. anderen Auszubildenden dessen aktuelle Arbeitsschritte zeigen. Auch handwerklich analoge Arbeiten können über eine Dokumentenkamera auf die Bildschirme aller Auszubildenden projiziert werden.
Fertigung zahntechnischer Produkte mit CAM-Softwaren sowie Fräs- und 3D-Drucktechnologie
Die Auszubildenden lernen im Anschluss die grundlegenden Funktionen entsprechender CAM-Software zur Fertigung der zahntechnischen Endprodukte kennen. In diesem Pilotlehrgang Teil 1 werden "nur" grundlegende CAM-Themen vermittelt. Im Folgelehrgang Teil 2 erfolgt dann eine Vertiefung. Das Kompetenzzentrum Digitale Zahntechnik verfügt über mehrere Fräsmaschinen und einen 3D-Drucker. Nach einer allgemeinen Einführung bestücken die Auszubildenden die Maschinen selbst. Sie werden dazu in Kleingruppen eingeteilt und vom Ausbildenden begleitet. Nach der maschinellen Herstellung werden die Projekte manuell weiterbearbeitet.
Feedback zum Lehrgang
Von den Auszubildenden wurde direkt nach Lehrgangsende Feedback eingeholt, von den entsendenden Betrieben im Nachgang. Das Projektteam hat mit diesen Befragungsergebnissen und aus eigener Wahrnehmung den Kurs evaluiert sowie für den kommenden 2. Durchlauf weiterentwickelt. Auszubildende und Betriebe waren nach Auswertung der (Online-)Feedbackbögen und persönlichen Interviews mit den Inhalten und der Praxisnähe des Lehrgangs sehr zufrieden. Die Auszubildenden hätten sich jedoch noch zusätzliche Arbeitsaufträge (Patientenfälle) und eine ausführlichere Lehrgangsdokumentation gewünscht. Diese Anregungen werden in der Konzeption des zweiten Durchlaufes dieses Kurses berücksichtigt werden, indem zum Beispiel zusätzliche Arbeitsaufträge zur Verfügung stehen, die von den Auszubildenden individuell abgearbeitet werden können sowie ausführlichere Unterlagen, die im Anschluss als Nachschlagewerk genutzt werden können.
Weitere Informationen
Kontakt:
Sonja Weiss
Projektleitung
0761 15 250 70
sonja.weiss@hwk-freiburg.de
Markus Schuler
CAD-/CAM-Technologien Zahntechnik/Feinwerktechnik
0761 15 250 60
markus.schuler@hwk-freiburg.de
Joachim Rapp
Projektkoordination
0761 15 250 84
joachim.rapp@hwk-freiburg.de
Stefan Suchoroschenko
Zahntechnikermeister
0761 15 250 71
stefan.suchoroschenko@hwk-freiburg.de