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Welche Herausforderungen ergeben sich für hauptberufliche Ausbilder/-innen im Betrieb?

Der vierte Teil unserer Reihe beleuchtet die Situation der hauptamtlichen Ausbilderinnen und Ausbilder. Deren Koordinations- und Vermittlungsaufwand, aber auch die Wertschätzung ihrer Tätigkeit durch Vorgesetzte und Kolleg(inn)en, hängen unter anderem von der jeweiligen Betriebsgröße und der Ausbildungsorganisation ab.

Welche Herausforderungen ergeben sich für hauptberufliche Ausbilder/-innen im Betrieb?

Kernaussagen

  1. Die allgemein geringe Wahrnehmung ausbildender Tätigkeiten ist umso deutlicher zu beobachten, je größer der Betrieb ist und je mehr die Verantwortung für diese Aufgabe an einzelne Bereiche und Personen ‚delegiert' werden kann.
  2. Die verantwortlichen Ausbilder/-innen sind entscheidend auf die Kollegialität innerhalb der Belegschaft angewiesen, um ihre Ausbildungsaufgaben erfüllen zu können.
  3. Hauptberufliche Ausbilder/-innen stehen im Betrieb aufgrund ihres Auftrags jenseits wirtschaftlicher Leistungsprozesse unter besonderem Legitimationsdruck.
  4. Sie haben im Vergleich zu regulären Führungskräften nur geringe Aufstiegschancen im Betrieb.

Die innerbetriebliche Positionierung ist vor allem für hauptberufliche Ausbilder/-innen ein Thema. Zum einen müssen sie der Unternehmensleitung verdeutlichen, dass Ausbildung bei allen - leicht messbaren - Kosten auch sehr viel Nutzen bringt, auch wenn dieser zunächst schwieriger zu beziffern ist. Zum anderen müssen sie, um eine fachgerechte und qualitativ hochwertige Ausbildung sicherstellen zu können, für die systematische Mitarbeit der jeweiligen Fachabteilungen werben. Um fachlich auf dem neuesten Stand zu sein, sind sie auf die Beteiligung der ausbildenden Fachkräfte in den anderen Einheiten angewiesen. Dies konfrontiert sie nicht nur mit besonderen Planungs- und Koordinierungsaufgaben, sondern auch mit der strategischen Herausforderung, auch für die Fachabteilungen den Nutzen ihres Engagements erkennbar zu machen, Anreize zu schaffen.

Ein hauptberuflicher Ausbilder aus der Lehrwerkstatt eines mittelständischen Unternehmens der Metallindustrie brachte auf die Frage nach seiner Stellung wie auch des Stellenwerts der Ausbildung an sich das Dilemma der innerbetrieblichen Ausbildung folgendermaßen auf den Punkt:

"Ausbildung [...] empfinden die meisten Bereiche als sehr wichtig. Sie freuen sich auch, wenn sie gut ausgebildete Leute kriegen, aber viele Bereiche wollen eigentlich mit der Ausbildung selber nichts zu tun haben. [...] Es ist also keine Böswilligkeit oder so was da, aber [...] eigentlich möchte keiner die Arbeit machen."

Das Phänomen der betrieblichen Geringschätzung ausbildender Tätigkeiten - wenn sie denn grundsätzlich für notwendig erachtet werden - ist umso eher zu beobachten, je größer der Betrieb ist und je weniger diese Aufgabe kollektiv von der Belegschaft geteilt wird. Die Schwierigkeiten beginnen offenbar dann, sobald sich die Verantwortung an separate Orte und Personen delegieren lässt. Die Situation an einem Standort des untersuchten Elektrokonzerns bot hierfür ein gutes Beispiel. Nachdem für die Grundausbildung der gewerblich-technischen Berufsbilder jahrzehntelang nur Lehrecken direkt in den verschiedenen Fachabteilungen zur Verfügung standen, kam es erst vor wenigen Jahren im Zuge der Zusammenlegung mit einem anderen Werk zur Errichtung einer regulären, separaten Lehrwerkstatt. Auf die Frage nach dem Status der dortigen zwei hauptberuflichen Ausbilder im Vergleich zu den Kollegen in den Fachabteilungen berichtete der Fertigungsleiter des Werks, der zugleich die Ausbildungsleitung innehatte, über Veränderungen in der innerbetrieblichen Wahrnehmung:

"Das ist auch was, was wir jetzt gemerkt haben, wo wir Ausbildungszentrum sind: Früher, als alle unter einem Dach waren, da waren auch alle irgendwie in die Ausbildung involviert. Und wenn sie nur mal den Auszubildenden kannten oder mit ihm kurz mal was zusammen gemacht haben. Heute ist es so, sie werden hier [in der Ausbildungswerkstatt] ausgebildet und gehen dann sporadisch immer in die Fachabteilung. Und dann zeigt die Fachabteilung, wie das immer so üblich ist, mit dem bösen Finger: ‚Aber ihr Ausbilder, ihr habt denen gar nicht das Richtige beigebracht, ja? Ihr müsst denen was beibringen, weil die müssen uns ja jetzt helfen.' [...] Wie soll ich das bezeichnen? [...] Das ist kein Neid, weil, von denen möchte keiner wirklich diesen Job haben. Also, das sind ganz, ganz wenige, die eigentlich so einen Job Ausbilder haben möchten, was ich so in der Vergangenheit gelernt habe. Viele machen diesen Eignungsschein, aber wollen eigentlich gar nicht selber ausbilden."

Ausbilder zu werden, so brachte es einer der befragten Experten in seiner Funktion als Leiter des Bildungswesens eines technischen Unternehmens auf den Punkt, sei nicht gerade eine Position, mit der man Karriere machen könne. Dafür sei die offizielle Anerkennung für diese Tätigkeit im Betrieb zu gering, auch wenn das soziale Image ein gutes sei: "Wenn man Karriere machen will, dann sollte man alles andere machen, nur nicht Ausbilder."