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Best Practice Ausbildung 4.0: Mechatroniker/innen

Mechatroniker-Ausbildung bei der Firma Krone

Die Landmaschinen, die die Bernard Krone GmbH in Spelle herstellt, und natürlich auch deren Produktion sind einer zunehmenden Digitalisierung unterworfen. Wie der Übergang zu einer daran angepassten Ausbildung 4.0 bei Krone gelingt, zeigte ein Besuch in der Ausbildungswerkstatt der Mechatroniker in Spelle.

Best Practice Ausbildung 4.0: Mechatroniker/innen

Die Maschinenfabrik Bernard Krone GmbH & Co. KG mit Sitz in Spelle/Niedersachsen fertigt Landmaschinen für die Ernte von Futtermitteln. Ihre Produkte vertreibt die Firma weltweit. Im Emsland ist Krone einer der größten Arbeitgeber. Allein im Werk Spelle sind derzeit rund 2000 Mitarbeiter beschäftigt.
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Die Fertigungsprozesse in der inzwischen weitgehend automatisierten Produktion werden immer stärker digitalisiert und vernetzt - Industrie 4.0 ist also auch dabei, in Spelle Einzug zu halten. Aber nicht nur die Produktionsprozesse, auch die produzierten Landmaschinen selbst sind zunehmend mit komplexen Farm-Management-Systemen digital vernetzt. Dies betrifft nicht nur die einfache Maschinenbedienung oder das Flottenmanagement, sondern auch Ertragserfassung, Datenmanagement und Rechnungsstellung.

Am Standort in Spelle bildet Krone z. Zt. 38 Jugendliche zum Mechatroniker aus. Die meisten bringen in die Ausbildung Erfahrungen in der Reparatur von Landmaschinen mit, die sie auf dem heimischen Bauernhof machen konnten. 

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Die Ausbildungswerkstatt der Mechatroniker befindet sich direkt neben der Entwicklungsabteilung und in unmittelbarer Nachbarschaft zur IT.

Diese praktischen Erfahrungen werden in der Ausbildung systematisch ausgebaut. Dabei spielt die Durchführung von Projekten eine zentrale Rolle in der Ausbildung bei Krone. Die Jugendlichen entwickeln Schulungsmodelle. Sie zeigen ausschnittweise bestimmte Funktionen der Krone-Erntemaschinen, die im Normalbetrieb so nicht einsehbar sind. Diese in der Ausbildung entstandenen Modelle dienen dann wiederum den Kunden von Krone, aber auch den Service-Mechanikern bei den Händlern weltweit als Demonstrations- und Schulungsobjekte.

Mehrere Schulungsräume bei Krone sind inzwischen mit in der Ausbildungswerkstatt entwickelten Trainingsarbeitsplätzen ausgestattet. An ihnen lernen Fahrer, die Landmaschinen zu steuern und ihre vielfältigen Funktionen zu beherrschen. Die Auszubildenden haben die Modelle mit Funktionen zur Fehlersimulation ausgestattet, damit die richtige Bedienung der Steuerungseinheiten und Eingabe auf den Touchscreen-Displays im Falle einer Fehlermeldung trainiert werden können. 

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Dieses von den Auszubildenden gebaute Modell demonstriert die komplexe Funktion des automatischen Bindens von Strohballen und das Verknoten der Schnüre.

Inzwischen gibt es einen ganzen Park von solchen Modellen. Sie demonstrieren die Funktionalität z. B. von komplexen Schnittmodellen von Hydrauliksystemen bis hin zu kompletten übermannsgroßen Lkw-Motoren, die die Jugendlichen zusammengebaut und lauffähig gemacht haben. Auch ein Fahrsimulator mit den notwendigen Rechner- und Steuerungseinheiten gehört dazu. Mechaniker können anhand der Schulungsmodelle, ungestört von Blechverkleidungen oder überlagernden Aggregaten, hinter die "Kulissen" blicken, um sich auf anstehende Reparaturen vorzubereiten. 

Der komplexe Lernstoff, den sich die Auszubildenden im Bereich der Mechatronik bei Krone aneignen müssen, wird durch die Erstellung der Schulungsmodelle in sinnvolle ganzheitliche und exemplarische Lernabschnitte portioniert. Dabei geht es nicht nur darum, die mechanischen und elektronischen Komponenten der Modelle sowie ihrer Programmierung funktionsfähig zu machen. Die Auszubildenden müssen sich auch Gedanken darüber machen, wie sie das Modell so bauen können, damit die einzelnen Abläufe für Außenstehende einsichtig und verständlich werden. Das Bewusstsein für den Lerngegenstand wird dadurch, dass er für andere anschaulich erklärt werden muss, auf ein neues Niveau gehoben.

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Auch Fehlfunktionen können mit diesen Modellen simuliert werden. Über das Original-Display aus der Führerkabine kann die korrekte Reaktion auf eine Fehlermeldung geübt werden.

Ein weiteres Beispiel ist das Modell eines Ladewagens. Dieser wurde von den Jugendlichen nachgebaut und mit den Originalsensoren an Achse und Auflieger ausgestattet. Dadurch kann die Erntemenge auf dem Fahrzeug gewogen werden. Das Schulungsmodell ist mit einer original Steuerungseinheit und einem Display ausgestattet, wie sie auch im Cockpit des Erntefahrzeugs anzutreffen sind. 

Zur Überprüfung der Werte haben die Azubis das Modell auf eine Waage gestellt. Den Kunden können so die Funktionalität und auch die Kalibrierung des Wiegemechanismus demonstriert werden.

Prozesskompetenz und interdisziplinäre Kommunikation

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Beim Bau der Schulungsmodelle durchlaufen die Auszubildenden alle Stationen eines Produktionsprozesses und bekommen so Einblick in die verschiedenen Abteilungen des Betriebs, aber auch Kontakt zu den Kunden.

Alle Modelle werden stets im Rahmen eines kompletten Projektes erstellt. Die Auszubildenden müssen also alle Komponenten und Informationen zu dem Modell selbstständig beschaffen. Das reicht vom Einkauf der notwendigen elektronischen und mechanischen Teile über die Befragung der Maschinenentwickler oder IT-Fachleute und der Recherche im Internet bis hin zum Download von Software und entsprechenden Tools aus den Betriebsdatenbanken. Die Azubis konstruieren dann eigenständig das Schulungsmodell und fertigen es in der Metallwerkstatt  Sie installieren und verkabeln die elektronischen Komponenten mit den Steuerungseinheiten, spielen Software auf und programmieren die Funktionen.

Nach erfolgreichem Test ist es auch ihre Aufgabe, den Versand des Modells an den Kunden organisieren. Hinzu kommt die Dokumentation der Projekte, damit das Wissen auch weiteren Azubi-Generationen zur Verfügung steht.

Die Ausbilder haben dabei lediglich beratende Funktion und geben Tipps, wenn sie Probleme bemerken.

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Nicht alle Komponenten eines Modells können gekauft oder aus vorhandenen Maschinen übernommen werden. Für die Konstruktion neuer Bauteile zeichnen die Azubis mit einem CAD-Programm.

Für den Bau der Modelle stehen den Auszubildenden Steharbeitsplätze mit den notwendigen Werkzeugen für Mechanik und Elektronik im Ausbildungszentrum zur Verfügung. Hinzu kommen Räumlichkeiten, in denen Schweißarbeiten und gröbere Metallarbeiten durchgeführt werden können. In einem Schulungsraum stehen Rechnerarbeitsplätze, die zur Recherche im Internet, Programmierung und Dokumentation dienen. 

Betrieblicher Auftrag

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Den Auszubildenden ist anzumerken, dass sie auf ihre Ergebnisse (hier das Schüttelsieb für die Maissilage) stolz sind. Immerhin landen die Modelle nicht in irgendeiner Abstellkammer, sondern dienen Kunden und Service-Mechanikern als Werkzeug und Anschauungsobjekt für das Training.

Die Auszubildenden entwickeln die Projekte z. T. auch für die Abschlussprüfung der Mechatroniker als betrieblichen Auftrag. Aus einem Pool an Aufträgen können sie die Projekte gemeinsam mit den Ausbildenden auswählen. Die Projektvorschläge stammen häufig aus Kundenanfragen aus dem In- und Ausland, aber auch die Entwicklungsabteilung kann der Auftraggeber sein. Beispielsweise suchte diese eine Lösung zur Entwicklung eines Schüttelsiebs für die Maissilage. Basis waren Forschungsergebnisse zur Schütteldauer und Drehrichtung sowie der notwendigen Fahrgeschwindigkeit der Siebe. Die Auszubildenden hatten die Aufgabe, auf Basis der Daten dazu ein elektronisch gesteuertes Modell zu entwickeln - auch unter Beachtung von Sicherheitsaspekten. Beim Hin- und Herfahren und Drehen der Siebe sollten beispielsweise auf keinen Fall Verletzungen durch eingeklemmte Finger entstehen können. 

Industrie 4.0

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In ihrem Vortrag stellen die Auszubildenden die "Smart Factory" vor, die sie gemeinsam mit anderen Azubis aufgebaut, programmiert und in Betrieb genommen haben.

Eine Gruppe von Mechatronik-Azubis hatte eine halbjährliche Schulung zum Thema "Excellence Initiative für Auszubildende - Industrie 4.0" an der BBS Osnabrück absolviert. In einem Schulungsraum ausgestattet mit einem Beamer berichteten die Jugendlichen mithilfe von Powerpoint-Folien hochmotiviert von ihrem Lernprozess in einer Lernfabrik. Verschiedene Klassen der Berufsschule aus unterschiedlichen Branchen waren an dem Projekt beteiligt.

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Aufgabe war u. a. die Einbindung von ERP- und MES-Systemen in die Automatisierungstechnik, die Entwicklung und Integration eines Webshops (Programmierung mit Python und Bootstrap), sowie die Android-Programmierung einer Augmented-Reality-Lösung zur Visualisierung von Energiedaten.

Die Auszubildenden mussten ihre branchenbezogenen Kenntnisse in das Projekt einbringen und sich über die Entwicklung interdisziplinär austauschen. Auch hier ging es zunächst darum, sich selbstständig die notwendigen Daten und Informationen sowie die Komponenten zu beschaffen.

Neben dem Aufbau der mechanischen Komponenten und der Installation der elektronischen Bauteile musste ein kompletter Fertigungsprozess mit Sensoren und Aktoren vernetzt und programmiert werden. Zum Schluss sollte der Produktionsprozess virtuell in der Software gespiegelt sein und darüber gesteuert werden können. Zu diesem Zweck mussten sich die jungen Leute Programmierkenntnisse aneignen und bekamen eine zusätzliche Schulung. Unterstützung erhielten sie auch von den Auszubildenden der IT-Klasse und den Medienentwicklern für die Entwicklung eines Webinterfaces.

In der Produktion

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Eine Auszubildende installiert die Batterieeinheit in eine Erntemaschine.

Nicht nur bei der Projektarbeit, sondern auch bei der Ausbildung in der Produktion sollen die Jugendlichen lernen, stets den Gesamtzusammenhang im Blick zu behalten. Deshalb arbeiten sie in zweimonatigen Blöcken an verschiedenen Stellen in der Produktionsstraße für die Landmaschinen und auch in der Qualitätssicherung mit.

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Am Arbeitsplatz an der Produktionsstraße stehen Bildschirme. Dort kann die junge Auszubildende die notwendigen Arbeitsschritte aus einer Datenbank abfragen.

Dadurch lernen sie, wie die einzelnen Komponenten in eine Landmaschine integriert werden und wie das Zusammenwirken der komplexen Bauteile hergestellt wird. Die Vorgaben für die Einbauten (hier z. B. die Batterieeinheit und ihre Verkabelung) rufen die Auszubildenden an einem Arbeitsplatzrechner ab. Am Bildschirm wird der jeweilige Einbauvorgang in seinen Arbeitsschritten angezeigt. Zusätzlich liegen für die Auszubildenden Handbücher mit Konstruktionszeichnungen bereit. Auf diese Weise erhalten die Auszubildenden einen Überblick über den gesamten Fertigungsprozess. 

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Interview

mit Peter Kottmann, Ausbildungsverantwortlicher der Maschinenfabrik Bernard Krone GmbH & Co. KG in Spelle