Was tun bei Lernproblemen?
„Ich will ja, aber ich kann einfach nicht!“ Wenn Auszubildende so argumentieren, sollten Sie hellhörig werden. Vielleicht haben Sie es mit einem ernsten Lernproblem zu tun.
Nicht alle Auszubildenden lernen gleich schnell und gleich gut. Der eine kann sich Vorschriften nicht merken. Die andere hat Probleme, die Theorie in die Praxis umzusetzen. Wieder andere tun sich schwer, komplexe Abläufe zu verstehen. Alles ganz normal. Knifflig wird es, wenn Auszubildende die Lernanforderungen trotz größter Anstrengung einfach nicht bewältigen.
Lernschwierigkeiten: die Indizien
Sie haben den Verdacht, dass das auch bei einem oder einer Ihrer Auszubildenden so ist? Beobachten Sie ihn oder sie genau. Tauschen Sie sich mit Kollegen und Kolleginnen aus. Vielleicht weiß auch die Ausbildungsleitung Näheres.
Je mehr der folgenden Indizien Sie feststellen, desto begründeter ist Ihre Annahme.
Menschen mit Lernproblemen ...
- können sich schlecht oder gar nicht auf ihre Aufgaben konzentrieren.
- machen viele Fehler, lassen sich leicht ablenken.
- nehmen Anregungen anderer Menschen passiv hin, aber nicht aktiv an.
- wirken sehr unsicher, können sich nicht entscheiden, was sie tun sollen.
- vermeiden es, sich Leistungsanforderungen zu stellen, weichen ihnen aus.
- brauchen für Arbeitsaufträge zu lange.
- geben schnell auf, wenn die Arbeit nicht sofort gelingt.
- sind häufig unpünktlich oder fehlen oft.
Problem erkannt – Problem benannt
Ihr Verdacht hat sich erhärtet? Suchen Sie das Vier-Augen-Gespräch mit der oder dem Betroffenen. Gehen Sie dabei sehr behutsam vor: Schaffen Sie eine angenehme Gesprächsatmosphäre. Schildern Sie, welche Probleme Sie vermuten.
Doch viel wichtiger: Zeigen Sie Lösungen auf. Bieten Sie Ihre Unterstützung an, sachlich und konstruktiv – ohne Vorwürfe, Drohungen oder Anordnungen.
Gut zu wissen
Selbsterkenntnis ist der Schlüssel zum Erfolg. Nur wenn die Betroffenen ihr Problem erkennen und akzeptieren, können sie weitere Schritte in Richtung Lösung gehen. Erst dann sind sie bereit, Unterstützung zuzulassen.
Wie Sie helfen können
Zuständig für Maßnahmen bei Lernproblemen ist die Ausbildungsleitung. Trotzdem können Sie als ausbildende Fachkraft eine Menge Gutes tun:
Stabilisieren Sie die Auszubildenden durch kleine und große Erfolgserlebnisse. Fordern Sie sie mit gut zu bewältigenden Aufträgen, aber überfordern Sie sie nicht.
- Lassen Sie der oder dem Betroffenen mehr Zeit für Aufgaben.
- Schließen Sie Wissenslücken durch ausführliche Briefings.
Welche Art des Lernens liegt Ihrem Schützling besonders? Versuchen Sie Inhalte lerntypgerecht zu vermitteln. Mehr dazu lesen Sie hier.
Gut zu wissen
Lernbeeinträchtigungen, zu denen Konzentrationsschwäche, Legasthenie (Lese- und Rechtschreibschwäche) oder Dyskalkulie (Rechenschwäche) zählen, sind weder eine Behinderung noch eine Frage mangelnder Intelligenz. Im Gegenteil: Auch überdurchschnittlich intelligente Menschen können zum Beispiel Legastheniker sein.
Sprachbarrieren: ein schwer überwindbares Hindernis
Stellen Sie sich vor, jemand spricht mit Ihnen und Sie verstehen nur die Hälfte oder fast nichts. Die meisten von uns kennen das nur von Urlaubsreisen. Für Menschen, die unsere Sprache nicht oder nicht gut beherrschen, ist es Alltag. Von der in der Branche üblichen Fachsprache ganz zu schweigen.
Lernen funktioniert dann mehr schlecht als recht. Für Auszubildende mit Migrationshintergrund kann das zum großen Problem werden: Sie scheitern an den Sprachbarrieren, obwohl der Wille und die Fähigkeit zu lernen da ist. Was können Sie tun? Lesen Sie mehr im Kapitel Auszubildende mit Migrationshintergrund.
Behinderungen
Junge Menschen mit Behinderung werden besonders gefördert. Ziel dieser Maßnahmen ist es, die durch die Beeinträchtigung entstehenden Nachteile auszugleichen. Eine Variante ist die begleitete betriebliche Ausbildung (bbA). Sie inkludiert zahlreiche Hilfestellungen von der Bewerbung bis hin zur Lösung von Alltagsproblemen. Nähere Informationen finden Sie hier.
In einem solchen Programm ist enge Abstimmung mit der Ausbildungsleitung gefragt. Gemeinsam mit ihr entwickeln Sie einen Fahrplan für die Ausbildung. Eine weitere Aufgabe: Sie sorgen dafür, dass sich Tätigkeit und Behinderung gut miteinander vereinbaren lassen.
Gut zu wissen
Wie ein Nachteilsausgleich am besten gestaltet werden kann, weiß die zuständige Prüfungsstelle, also z. B. die IHK oder HWK. Oder Sie lesen hier weiter.