Erste Hilfe bei Konflikten
Sie stecken in einem Konflikt mit Ihrer oder Ihrem Auszubildenden und wissen nicht weiter? Hier finden Sie erste Hilfe.

Aggressives Verhalten
Wer wütend und aggressiv ist, befindet sich im Angriffsmodus. In einem solchen Zustand hilft das beste Argument nicht. Sorgen Sie für Abstand: Schicken Sie die Auszubildenden nach Hause oder in einen anderen Raum. Lassen Sie sich nicht provozieren.
Wenn sich der oder die Auszubildende beruhigt hat, sollten Sie ein Gespräch mit ihr oder ihm führen. Wiederholt sich die Situation, schalten Sie am besten die Ausbildungsleitung ein. Mit ihr lässt sich auch klären, ob externe Beratungs- oder Hilfsangebote zur Stress- oder Konfliktbewältigung sinnvoll sind.
Alkohol und andere Drogen
Wein, Schnaps, Bier, Alkopops oder andere Drogen sind ein No-Go am Arbeitsplatz. Weisen Sie auf die Gefahren und Folgen hin, die Verstöße gegen dieses Tabu haben können. Befürchten Sie ein Suchtproblem bei einer oder einem Ihrer Auszubildenden? Informieren Sie sich über Hilfsangebote oder bitten Sie die Ausbildungsberatung der zuständigen Kammer um Rat.
Falscher Beruf?
Praxisbeispiel: Plötzlich ist alles ganz anders
Anja ist ziemlich ärgerlich. Ihre Auszubildende Marina wirkt in letzter Zeit lustlos und erledigt Arbeitsaufträge mehr schlecht als recht. Dabei weiß Anja: Marina kann das viel besser! Als Anja sie darauf hinweist, kommt heraus: Marina macht sich Sorgen, ob der Beruf wirklich der richtige für sie ist. Sie überlegt sogar, ob sie die Ausbildung abbrechen soll.
Nachlassende Motivation und Unzufriedenheit können Anzeichen für Zweifel sein. Viele Auszubildende fragen sich nach der ersten Euphorie: Ist das wirklich der passende Beruf für mich? Heben Sie in einem Vier-Augen-Gespräch interessante Aspekte hervor. Zeigen Sie Entwicklungspotenziale auf. Erklären Sie, dass die Ausbildungsinhalte in der Regel nicht die ganze Vielfalt des Berufs abbilden. Wechseln Sie langweilige Routinearbeiten mit spannenden Herausforderungen ab. Weitere Tipps zur Motivation finden Sie hier.
Können Sie die Zweifel hingegen nicht zerstreuen, unterstützen Sie die Auszubildenden auf ihrem Weg zu neuen Ufern.
Gesundheitliche Probleme
Nur wer gesund ist, kann gut lernen und produktiv arbeiten. Allergien oder Erkrankungen vermindern die Leistungsfähigkeit. Sie machen reizbar und nervös, wenn Schmerzen oder Ängste damit einhergehen. Häufig führen sie auch zum Abbruch der Ausbildung.
Sprechen Sie Auffälligkeiten an, weisen Sie auf Gefahren hin, minimieren Sie Gesundheitsrisiken am Arbeitsplatz und bieten Sie Ihre Unterstützung an.
Mobbing
Eine oder einer Ihrer Auszubildenden wird schlecht behandelt oder gar gemobbt? Hier gilt es einzugreifen, und zwar schnell. Stellen Sie die Verantwortlichen zur Rede. Zeigen Sie ihnen die rote Karte, am besten gemeinsam mit der Ausbildungsleitung.
Probleme oder Belastungen im Privatleben
Sorgen und Belastungen im privaten Umfeld wirken hinein in den Berufsalltag. Suchen Sie bei entsprechenden Vermutungen das Gespräch mit Ihren Auszubildenden. Wer sich wie Marina um Angehörige kümmert, muss Ausbildung und Familie unter einen Hut bekommen. Vielleicht bietet sich eine Teilzeitausbildung an. Vielleicht gibt es andere Formen der Unterstützung. Die Ausbildungsleitung hilft hier sicherlich gerne weiter.
Gut zu wissen: Hilfe der Agentur für Arbeit nutzen
Stehen die Noten und damit der Abschluss auf der Kippe? Setzen Sie sich für ausbildungsbegleitende Maßnahmen ein. Sie werden von der Agentur für Arbeit angeboten. Kosten entstehen weder für den Betrieb noch für die Auszubildenden.
Schlechte Leistungen im Betrieb
Ihre Auszubildenen lernen aus Fehlern. Tendiert ihre Lernkurve jedoch dauerhaft gegen Null und wiederholen sich die gleichen Fehler immer wieder, sollten Sie auf Ursachensuche gehen. Gibt es Verständnisprobleme? Fehlt die Übung? Oder steckt etwas Grundlegenderes dahinter? Nehmen Sie sich Zeit für ein ausführliches Gespräch mit Ihrem Schützling.

Rassismus
Rassismus: ein Tabu in Unternehmen. Fahren Sie eine Null-Toleranz-Politik: Suchen Sie nach entsprechenden Vorfällen sofort das Gespräch und schalten Sie die Ausbildungsleitung ein. Machen Sie deutlich, dass Sie solche Abwertungen auf keinen Fall und in keiner Situation akzeptieren.
Schulden oder andere finanzielle Probleme
Schulden bei Freunden, Konto gesperrt ... Gerät eine oder einer Ihrer Auszubildenden in finanzielle Schieflage, sollten Sie in einem vertrauensvollen Gespräch die Gründe dafür hinterfragen. Bieten Sie Ihre Hilfe an: Vermitteln Sie Kontakt zur Schuldnerberatung und weisen Sie auf staatliche Unterstützungsprogramme hin (Berufsausbildungsbeihilfe).
Sexismus
Die Me-too-Debatte hat es ans Licht gebracht: Sexismus ist immer noch präsent in der Arbeitswelt. Ob anzügliche Bemerkung, abwertendes Urteil, „dummer“ Spruch, schmutziger Witz oder gar körperlicher Übergriff – stets gilt: Null Toleranz! Hören oder beobachten Sie Entsprechendes, stellen Sie die Kollegen zur Rede. Ziehen Sie eine klare Grenze. Holen Sie sich im Wiederholungsfall Rückendeckung von der Ausbildungsleitung oder Ihren Vorgesetzten.
Smartphone
Leben ohne Smartphone? Für viele Digital Natives undenkbar. Das Handy ist ständiger Begleiter. Doch soll das auch während der Arbeitszeiten so sein? Vermeiden Sie Missverständnisse und Konflikte und legen Sie klare Nutzungszeiten und -bedingungen fest. Ebenso wichtig: klare Regeln zum Umgang mit betriebseigener Hard- und Software, übrigens auch zum Datenschutz. Verstöße sollten Sie konsequent ansprechen. Im Wiederholungsfall gilt es Konsequenzen zu ziehen.
Praxisbeispiel: Der Knopf im Ohr
Der neue Auszubildende Tom hat während der Arbeit ständig Kopfhörer im Ohr. Für Anja, die ausbildende Fachkraft, ist das kein Problem. Toms Leistungen sind gut. Allerdings haben sich einige Kollegen und Kolleginnen beschwert: Die Kopfhörer stören sie, geben ihnen das Gefühl, der Auszubildende sei nicht ansprechbar. Anja erklärt das Tom. Dieser ist überrascht, dass andere sein Hörverhalten kritisch sehen. Die beiden vereinbaren Folgendes: Er darf die Kopfhörer beim Führen des Berichtshefts tragen. Ansonsten verzichtet er darauf.
Schwierigkeiten in der Berufsschule
Ihren Auszubildenden macht die Arbeit im Betrieb Spaß, aber die Leistungen in der Berufsschule lassen zu wünschen übrig? Schlechte Leistungen gefährden den Abschluss. Mischen Sie sich ein, wenn miserable Noten zum Dauerzustand werden. Nehmen Sie Kontakt zur Berufsschule auf. Gehen die Schwierigkeiten auf mangelnden Fleiß, Lernprobleme oder andere Gründe zurück?
Klären Sie im Gespräch mit den Auszubildenden, ob es Probleme mit den Mitschülerinnen und Mitschülern oder mit den Lehrkräften gibt. Denn auch Zwischenmenschliches kann die Ursache für unterdurchschnittliche Leistungen sein.
Praxisbeispiel: Doppelbelastung Familie und Ausbildung
Die Auszubildende Marina kommt morgens oft übermüdet in den Betrieb. Sie kann sich dann kaum konzentrieren und macht Fehler. Anja, die ausbildende Fachkraft, ist genervt und denkt sich: „Zu viel Partys! Klar ...“ Sie lässt sich das aber nicht anmerken, sondern lädt Marina zu einem Gespräch. Darin bricht es aus der Jugendlichen heraus: „Es ist alles zu viel gerade! Meine Mutter ist im Krankenhaus, mein Vater hat Schichtdienst und ich muss mich um meine kleinen Geschwister kümmern."
Streit mit Kolleginnen und Kollegen
Eine Kollegin hat Probleme mit dem Verhalten des Auszubildenden? Der Kollege ärgert sich über die Arbeitsweise der neuen Auszubildenden? In solchen Situationen sind Sie als Mediator oder Mediatorin gefragt. Vermitteln Sie zwischen den Beteiligten. Schalten Sie bei Dauerkonflikten erst die Ausbildungsleitung, später die Ausbildungsberatung ein.
Unpünktlichkeit
Mahnen Sie zur Pünktlichkeit. Weisen Sie auf deren Sinn hin: Sie kommt dem Team zugute und ist für den reibungslosen Ablauf im Betrieb unerlässlich. Bei wiederholtem Verstoß ist ein Konfliktgespräch nötig, in dem Sie Konsequenzen aufzeigen.
Praxisbeispiel: Viel zu früh!
Tom, bislang sehr zuverlässig, kommt plötzlich häufig zu spät. Auch seine vielen Krankmeldungen machen der ausbildenden Fachkraft Anja Sorgen. In einem gemeinsamen Gespräch mit der Ausbildungsleitung stellt sich heraus, dass Tom über eine Stunde Anfahrtsweg hat und ihn das frühe Aufstehen „schlaucht“.
Anja vereinbart mit ihm, dass er eine halbe Stunde später beginnen darf und dafür am Freitagnachmittag länger bleibt. Sie verdeutlicht aber auch: Wird sich Tom weiterhin oft verspäten, wird er höchstwahrscheinlich nicht übernommen. Die Maßnahmen zeigen Wirkung. Als Tom beschließt, in die Nähe des Ausbildungsbetriebs zu ziehen, hilft das Unternehmen ihm bei der Wohnungssuche.
Unordentlichkeit
Ordnung muss sein. Machen Sie Ihren Ausbildenden deutlich, warum das so ist. Finden Sie gemeinsam Wege aus dem Chaos, z. B. mithilfe eines Putzplans oder einer Aufräum-Checkliste.
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