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"Wichtig ist es, die Auszubildenden direkt in alle Systeme einzubeziehen, damit sie umfassende digitale Kompetenzen erwerben."

23.08.2023

Melanie Naumann ist Ausbildungsverantwortliche bei dem Kölner Unternehmen FOGTEC. Im Interview gibt sie Einblick in ihre Arbeit und geht dabei speziell auf Fragen zur Ausbildung zur Kauffrau / zum Kaufmann für Groß- und Außenhandelsmanagement ein. Daneben berichtet Naumann, die auch Prüferin bei der IHK Köln ist, wie FOGTEC dem Fachkräftemangel begegnet und das Thema Lernortkooperation angeht.

"Wichtig ist es, die Auszubildenden direkt in alle Systeme einzubeziehen, damit sie umfassende digitale Kompetenzen erwerben."

Das inhabergeführte Unternehmen FOGTEC ist einer der führenden Anbieter von umweltfreundlichen Brandschutzsystemlösungen so z.B. von ressourcenschonenden Brandbekämpfungsanlagen auf Wassernebel-Basis. Die Systeme zum Schutz von Gebäuden, Industrieanlagen, Schienenfahrzeugen und Tunneln werden weltweit vertrieben. Für die Entwicklung bestehen Partnerschaften mit Universitäten und Forschungseinrichtungen. Mit Vertriebspartnern in mehr als 40 Ländern und eigenen Standorten in China und Indien ist das Unternehmen sehr international ausgerichtet.

Frau Naumann, in welchen Berufen bilden Sie aktuell bei FOGTEC aus?

In den kaufmännischen Berufen bilden wir in den Berufen Kauffrau / Kaufmann für Groß- und Außenhandelsmanagement, Kauffrau / Kaufmann für Büromanagement und Fachkraft für Lagerlogistik aus. Zudem bilden meine Kolleginnen und Kollegen im gewerblichen Bereich Mechatroniker/-innen und Elektroniker/-innen für Automatisierungstechnik aus.

Neben einer dualen Ausbildung bieten wir auch ein duales Studium im Bereich Schienenfahrzeugtechnik (DIRail) in Kooperation mit der FH Aachen an und seit letztem Jahr sogar ein weiteres duales Studium mit der Hochschule in Köln in den Bereichen Elektrotechnik und Informatik. Aktuell haben wir vier Auszubildende an unserem Standort in Köln und zwei duale Studenten. Zu den Azubis gehört eine angehende Kauffrau für Groß- und Außenhandelsmanagement, die im August 2022 bei uns gestartet ist.

Wie weit ist die Digitalisierung bei Ihnen fortgeschritten und welche speziellen Kompetenzen sollten Kaufleute für Groß- und Außenhandelsmanagement mitbringen?

Digital nutzen wir mit unseren Auszubildenden das Online-Berichtsheft BLok. Es funktioniert sehr gut für ein regelmäßiges Update und den regelmäßigen Austausch zum Ausbildungsablauf. Unsere Auszubildenden nutzen im kaufmännischen Bereich vielfältige Programme, sei es MS-Office oder Warenwirtschafssysteme, z.B. ERP-Systeme. Seit der Corona-Pandemie stellen wir auch allen Azubis von Beginn an eigene Laptops zur Verfügung, damit bei Bedarf auch von Zuhause aus gearbeitet werden kann. Wichtig ist es, die Auszubildenden direkt in alle Systeme einzubeziehen, damit sie umfassende digitale Kompetenzen erwerben. Auch sind sprachliche Kompetenzen sehr wichtig, um im Geschäftsalltag mit guten Englischkenntnissen arbeiten zu können, denn wir sind ein weltweit agierendes Unternehmen.

Die drei zentralen Bereiche bei FOGTEC sind Tunnel, Schienenverkehr und Gebäude / Industrieanlagen. Hier sollten sich die Auszubildenden umfassend mit den Unternehmensbereichen und Produktlösungen auskennen.

"Junge Leute ziehen oft eher das Studium vor, daher gilt es, die Ausbildungsberufe wieder attraktiver zu gestalten."

Wie wirkt sich die Digitalisierung noch auf Ihren Betrieb aus?

Bei uns im Warenlager nutzen wir Scans zur Digitalisierung unserer Produktpalette, um automatisiert standardisierte Prozesse abzuwickeln. Unsere Produktionsabläufe sind nicht durchweg automatisiert, sondern die Produktionsprozesse sind vielmehr individuell auf die Kundenbedürfnisse zugeschnitten, da die meisten unserer Anlagen Einzelanfertigungen sind.

Wo sind die Brandschutz-Anlagen im Einsatz?

Für den Eurotunnel haben wir ganz spezielle Systeme in Form von Notbahnhöfen entwickelt, in die im Notfall die brennenden Züge einfahren. Auch in Ägypten sind unsere Brandschutz-Lösungen zu finden. Das ISMAILIA Projekt, der Tunnel der unter dem Suez-Kanal mit einer Länge von 4,8 km verläuft, konnten wir für uns gewinnen. Ganz besonders stolz sind wir auf unsere Referenzen im Mecca Clock Tower, direkt in Mekka. Der gesamte Bereich der oberen 210 Meter des Turms wird mit einem FOGTEC-Wassernebel-System geschützt. Hierzulande wurde die Elbphilharmonie in Hamburg mit einer innovativen Lösung im großen Saal ausgestattet. Hier sind die Wassernebel-Düsen nicht wie üblich in der Decke, sondern im Boden installiert.

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FOGTEC produziert und vermarktet stationäre und mobile Systeme zur Branderkennung und -bekämpfung.

Welche Rolle spielen neue Medien in der Ausbildung bei FOGTEC noch? Werden Social Media-Kanäle eingebunden?

Wir nutzen unterschiedliche Social Media-Kanäle und sind mit regelmäßigen Posts auf Instagram und LinkedIn vertreten. Dabei betreue ich unseren Instagram Account und eine Kollegin den LinkedIn-Account. Perspektivisch sollen auch die kaufmännischen Auszubildenden den Umgang mit den Social Media-Kanälen kennenlernen und in Absprache mit dem Ausbildungspersonal bei Instagram mit unterstützen. Dazu gibt es ein Azubi-Projekt, bei dem die Auszubildenden insbesondere im Karrierebereich in die Gestaltung der Unternehmenswebseite eingebunden werden. So wollen wir u.a. sicherstellen, dass wir die Bedarfe der jungen Leute schon bei dem ersten Kontakt über die Homepage richtig ansprechen.

Werden Ihre Auszubildenden am Arbeitsplatz oder in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern ausgebildet?

Unsere Auszubildenden im kaufmännischen Bereich durchlaufen alle Abteilungen. Dabei lernen sie vielfältige Bereiche kennen und werden von den Ausbilderinnen und Ausbildern eng eingebunden. Bei den gewerblichen Berufen wie etwa Mechatroniker/-in und Elektroniker/-in für Automatisierungstechnik arbeiten wir mit den Kooperationspartnern DEUTZ AG und Rhein-Erft-Akademie zusammen. Gerade im Elektronikbereich bilden wir mit Kooperationspartnern aus, um einen optimalen Ausbildungsrahmen zu schaffen.

Daneben bieten wir gemeinsam mit der FH Aachen ein duales Studium im Bereich Schienenfahrzeugtechnik an. Unsere Kooperationen sind uns sehr wichtig, denn sie bieten viele Vorteile für alle Beteiligten und eine qualitativ hochwertige Ausbildung.  Mit dem Projekt "1:0 für deinen Ausbildungsplatz" sind wir im Jahre 2015 gestartet und konnten mit der Stiftung des 1. FC Köln - in Zusammenarbeit mit der Caritas Köln - direkt zwei Auszubildende für uns gewinnen. Einer davon arbeitet heute noch sehr erfolgreich bei uns.

Wir sind uns unserer sozialen und gesellschaftlichen Verantwortung sehr bewusst und das leben wir auch. Auch aufgrund des Fachkräftemangels sind diese Kooperationen immer bedeutender, um gute Auszubildende zu finden und die Ausbildung wieder attraktiver zu gestalten. Heutzutage ist es schwierig geeignete Fachkräfte zu finden, also auch noch "richtige" Handwerker, die jeder von uns im täglichen Leben braucht. Junge Leute ziehen oft eher das Studium vor, daher gilt es, die Ausbildungsberufe wieder attraktiver zu gestalten.

Im kaufmännischen Bereich bildet FOGTEC in den Berufen Kauffrau / Kaufmann für Groß- und Außenhandelsmanagement, Kauffrau / Kaufmann für Büromanagement und Fachkraft für Lagerlogistik aus.

Wie sprechen Sie vor diesem Hintergrund Jugendliche an, um sie für eine Ausbildung zu begeistern?

Uns liegt die Ausbildung junger Menschen sehr am Herzen und das versuchen wir auch zu jedem Zeitpunkt zu zeigen. Wichtig ist ja, dass man bei den überwiegend jungen Menschen da ist, wenn etwas mal nicht läuft. Damit konnten wir uns auch in unserer noch jungen Historie schon mehrfach beweisen Um dieses Gefühl von Anfang an zu vermitteln, versuchen wir uns breit aufzustellen, nutzen viele Kanäle und Möglichkeiten. Dazu gehören dann beispielsweise Auftritte auf Ausbildungsmessen und Veranstaltungen. An diesen lassen wir dann auch unsere Azubis aktiv teilhaben. Wer könnte besser aus der Realität berichten als die jungen Leute selbst?

Eine Vorgehensweise, die von der Zielgruppe honoriert wird?  

Erst im letzten Jahr haben wir an der Stuzubi-Messe in Köln teilgenommen und sind von den Schülerinnen und Schülern zum informativsten und sympathischsten Stand gewählt worden – bei über 70 Ausstellern (Preisverleihung findet im September 2023 statt)! Darauf sind wir besonders stolz. Aber auch die sozialen Medien und der Außenauftritt durch Broschüren exklusiv zum Thema Ausbildung gehören dazu. Für unser Informationsmaterial bekommen wir meist besonders viel Lob – auch von der Handwerkskammer zu Köln. Und wenn das erste Interesse geweckt ist, das Erstgespräch stattfindet, dann gilt es in jedem Moment des Kontakts genau das zu vermitteln, wofür wir stehen: Ausbildung ist bei uns eine echte Herzensangelegenheit.

Als international aufgestelltes Unternehmen: Sind Auslandsaufenthalte in Ihrem Betrieb möglich?

Kaufmännische Auszubildende haben am Ende ihrer Ausbildung die Möglichkeit, für ein paar Wochen an unseren Standorten in Indien oder China zu arbeiten. Dort können sie ihr erlerntes Wissen einsetzen, verfestigen und sich auch persönlich weiterentwickeln. Das geschieht ausschließlich auf freiwilliger Basis. Unsere Mechatroniker/-innen und Elektroniker/-innen für Automatisierungstechnik begleiten auch Brandversuche als Teil des Versuchsteams. Die letzte große Brandversuchsreihe fand gerade im Juni 2023 in Spanien statt.

"Aber besonders wichtig ist uns bei allen Ausbildungsberufen,
dass es auch menschlich gut harmoniert und
der oder die Auszubildende gut in das Team
und unser Unternehmen hineinpasst."

Wie gehen Sie bei der Planung der Ausbildung damit um, dass zunehmend mehr Fachwissen vermittelt werden muss?

Unseren Auszubildenden werden zahlreiche Schulungen angeboten - sowohl intern als auch extern. So wurde beispielsweise eine INCOTERMS 2020 Inhouse-Schulung (globaler Standard für Lieferbedingungen bei internationalen Geschäften) durchgeführt, um die Auszubildenden und Mitarbeiter/-innen im Unternehmen auf den aktuellsten Stand zu bringen.

Außerdem engagiere ich mich seit drei Jahren im Prüfungsausschuss bei der IHK Köln. Das kommt insbesondere unseren Auszubildenden zu Gute, aber auch dem Unternehmen FOGTEC. So sind wir immer in der Lage, aktuellstes Fachwissen und neuste Entwicklungen zu vermitteln.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Berufsschulen?

Die Zusammenarbeit mit den Berufsschulen ist für uns ein wichtiger Punkt. Hier pflege ich enge Kontakte zu den jeweiligen Klassenlehrerinnen und -lehrern. Dazu zählt der Austausch per E-Mail, aber auch die Teilnahme an den "Ausbildersprechtagen" in Köln. Wir haben u. a. einen engen Kontakt zum Alfred-Müller-Armack Berufskolleg in Köln, eine mittlerweile sehr gut ausgestattete Berufsschule, die sehr digital aufgestellt ist. Hier kommen beispielsweise auch VR-Brillen zum Einsatz.

Kaufmännische Auszubildende haben bei FOGTEC am Ende ihrer Ausbildung die Möglichkeit, an Standorten im Ausland zu arbeiten.

Nach welchen Kriterien treffen Sie Entscheidungen bei der Auswahl von kaufmännischen Auszubildenden?

Zum einen achten wir bei den Bewerberinnen und Bewerbern natürlich auf die Zeugnisse und gute Noten, aber auch der persönliche Eindruck ist ganz wichtig. Auszubildende in den gewerblichen Berufen sollten möglichst gute Noten in Mathe und Physik mitbringen, da es unserer Erfahrung nach ansonsten zu Problemen im weiteren Ausbildungsverlauf kommen könnte. Aber besonders wichtig ist uns bei allen Ausbildungsberufen, dass es auch menschlich gut harmoniert und der oder die Auszubildende gut in das Team und unser Unternehmen hineinpasst.

Hier hat mich zuletzt eine Kandidatin mit der Frage beeindruckt, was für uns als Ausbilderinnen und Ausbilder gute Mitarbeiterführung ausmacht. Das hat mich sofort beeindruckt und ich wusste direkt, dass diese Bewerberin die richtige Kandidatin sein wird, weil uns eine gute Mitarbeiterführung genauso wichtig ist.

Wie sieht es in Hinblick auf Fachkräftesicherung bzw. Übernahme in ihrem Unternehmen nach der Ausbildung aus?

Wir bilden ausschließlich für unseren eigenen Bedarf aus und eine Übernahme ist bei uns vorgesehen. Wir sind also sehr daran interessiert unsere Auszubildenden zu übernehmen. Damit können wir dem akuten Fachkräftemangel entgegenwirken und unsere gut ausgebildeten Fachkräfte bei uns im Unternehmen sichern. Zum Reinschnuppern in unsere spannenden Projekte bieten wir vorab auch Praktika für Schülerinnen und Schüler an. 

Frau Naumann, vielen Dank für das interessante Gespräch!