Geduldete Menschen in Ausbildung: Betroffene und Betriebe haben bislang wenig Rechtssicherheit
11.03.2022
Laut einem aktuellen Beitrag des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) müssen Auszubildende, die in Deutschland nur geduldet sind, zunächst ihre Ausbildung erfolgreich durchlaufen, wenn sie das Risiko einer Abschiebung reduzieren und sich langfristig ein Leben in Deutschland aufbauen möchten. Die neue Bundesregierung plant, ihnen bereits während der Ausbildung statt einer Duldung eine Aufenthaltserlaubnis zu gewähren. Zusammen mit weiteren Maßnahmen würde dies für Auszubildende wie Betriebe mehr Rechtssicherheit und bessere Perspektiven schaffen.

Eine berufliche Ausbildung kann erheblich zur Integration von jungen Geflüchteten beitragen. Daher hat das Thema auch in der Politik einen hohen Stellenwert. Bislang gilt dies jedoch für Menschen, die aufenthaltsrechtlich lediglich „geduldet“ sind, nur eingeschränkt.
Mitte 2020 galten rund 220.000 Menschen in Deutschland als „geduldet“
Der Deutsche Bundestag weist auf Basis des Ausländerzentralregisters zum Stichtag 30.06.2020 knapp 221.000 Personen mit Duldung aus. Ein Fünftel davon lebt seit mehr als fünf Jahren in Deutschland. Hauptherkunftsländer sind Afghanistan, Irak, Russland, Serbien und Pakistan. Knapp ein Drittel ist weiblich. Es handelt sich insgesamt um eine eher junge Altersgruppe: Rund 60 Prozent sind jünger als 30 Jahre.
Menschen mit dem prekären Status der Duldung waren von gesellschaftlicher Teilhabe lange weitgehend ausgeschlossen. So war ihnen auch der Zugang zum Arbeitsmarkt und zu betrieblicher Ausbildung im Regelfall verwehrt. Seit 2009 gab es jedoch einige rechtliche Änderungen, um den Betroffenen den Zugang zu Ausbildung und Ausbildungsförderung zu erleichtern. Da differenzierte Daten hierzu kaum vorliegen, ist der Erfolg dieser Änderungen bislang schwer einzuschätzen.
Ausbildung kann die Bleibeperspektiven für geduldete Menschen nachhaltig verbessern
Umgekehrt kann eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung zur langfristigen Integration in Deutschland beitragen: Der Duldung können nach Ausbildungsabschluss die befristete Aufenthaltserlaubnis, anschließend die unbefristete Niederlassung und schließlich die Einbürgerung folgen, wenn die Betroffenen dies wünschen. Bei erfolgreicher (Arbeitsmarkt-)Integration können also aus ehedem „Geduldeten“ deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger werden.
Kurzfristige Duldungen schaffen für Auszubildende wie Betriebe hohe Unsicherheit
Im IAB-Forschungsprojekt „Berufliche Ausbildung junger geduldeter Fluchtmigranten in Deutschland“ wurden Duldungsdauern zwischen einem und zwölf Monaten beobachtet. Wird die Ausbildung mittels wiederholt verlängerter Duldungen erfolgreich abgeschlossen und findet die Absolventin oder der Absolvent anschließend eine Beschäftigung in diesem Beruf, kann die Ausländerbehörde eine auf zunächst zwei Jahre befristete Aufenthaltserlaubnis erteilen (§ 19d AufenthG). Ein Wechsel aus der Duldung in einen sichereren Aufenthaltsstatus ist dann möglich.
Eine Ausbildungsduldung schafft mehr Sicherheit
Mit der im Jahr 2019 in Kraft getretenen „Ausbildungsduldung“ nach § 60c AufenthG wurde daher mehr Planungs- und Rechtssicherheit für Auszubildende wie Betriebe geschaffen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen erteilen Ausländerbehörden seither eine Duldung für die gesamte Dauer der Ausbildung. Nach Ausbildungsabschluss gewähren sie zur Stellensuche eine Duldung von sechs Monaten. Finden die Ausgebildeten in dieser Zeit eine der beruflichen Qualifikation entsprechende Beschäftigung, muss die Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis von (zunächst) zwei Jahren erteilen („3+2-Regelung“; § 19d in Verbindung mit § 60c AufenthG).
Weitere Informationen
Der komplette Beitrag steht auf der Webseite des IAB zur Verfügung: https://www.iab-forum.de/geduldete-menschen-in-ausbildung-betroffene-und-betriebe-haben-bislang-wenig-rechtssicherheit/
IAB-Forschungsprojekt: „Berufliche Ausbildung junger geduldeter Fluchtmigranten in Deutschland“
foraus.de-Themenschwerpunkt: "Geflüchtete ausbilden"