Berufsbildungsbericht 2019: Mehr Ausbildungsverträge, größere Passungsprobleme
11.04.2019
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek hat den Berufsbildungsbericht 2019 vorgestellt. Ergänzend hat das BIBB den neuen Datenreport zum Berufsbildungsbericht veröffentlicht. Die Zahlen zeigen, dass es erneut mehr Ausbildungsverträge gab als im Vorjahr. Allerdings fanden viele Jugendliche keinen Ausbildungsplatz, während gleichzeitig zahlreiche Angebote von den Betrieben nicht besetzt werden konnten.

Zahl der Ausbildungsverträge gestiegen
Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge ist im Vergleich zum Vorjahr um 8.100 gestiegen und liegt nun bei 531.400. Dies ist ein Plus von 1,6 %. Der Zuwachs ist vollständig auf betriebliche Ausbildungsverträge zurückzuführen. Deren Zahl stieg im Berichtsjahr um 9.100 auf 516.500 (+1,8 %). Demgegenüber ist die Zahl der außerbetrieblichen Ausbildungsverträge zurückgegangen.
Betriebe bieten immer mehr Ausbildungsplätze an
Auch das Angebot an Ausbildungsplätzen hat im Ausbildungsjahr 2017/2018 wieder eine Steigerung erfahren. So stieg die Zahl der Ausbildungsstellen um 16.800 (+2,9 %) auf 589.100. Auch hier ist der Anstieg auf die betriebliche Seite zurückzuführen: Es wurden von den Betrieben insgesamt 17.800 (+3,2 %) mehr Ausbildungsstellen angeboten als noch ein Jahr zuvor. Die Zahl der außerbetrieblichen Ausbildungsplätze sank hingegen. Das bedeutet, dass rechnerisch 100 Ausbildungsinteressierten 106 Ausbildungsplätze gegenüberstanden. Einen vergleichbaren Wert gab es zuletzt 1994. Diese Zahlen schreiben den positiven Trend der Vorjahre fort.
Höhere Ausbildungsbeteiligung von Menschen mit Fluchthintergrund
Die Nachfrage nach Ausbildung, die sich aus den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen sowie den noch unversorgten Bewerbern ergibt, ist ebenfalls das zweite Jahr in Folge gestiegen: So haben im Berichtsjahr 556.000 Personen einen Ausbildungsplatz nachgefragt, nach 547.000 im Vorjahr. Der Anstieg beruht maßgeblich auf der zunehmenden Integration junger Menschen mit Fluchthintergrund in den Ausbildungsmarkt. Deren Zahl belief sich im Ausbildungsjahr 2017/2018 auf 38.300. Davon sind 14.000 in eine Ausbildung eingemündet.
Passungsprobleme nehmen zu
Wie schon in den Vorjahren ist die vollständige Zusammenführung von Angebot und Nachfrage eine der zentralen Herausforderungen des Ausbildungsmarktes. So verzeichnete die Bundesagentur für Arbeit (BA) zum Ende des Ausbildungsjahres noch 57.700 offene Stellen bei den Betrieben. Verglichen mit dem Vorjahr ist dies ein Anstieg um 8.700 Stellen (17,7 %). Daneben ist auch die Zahl derjenigen gestiegen, die am Ende des Ausbildungsjahres ohne Ausbildungsstelle geblieben sind und damit als unversorgt gelten. Ihre Zahl betrug im Berichtsjahr 24.500, das sind 800 oder 3,5 % mehr als ein Jahr zuvor. Auffallend dabei ist, dass die Zahl der Unversorgten mit allgemeiner Hochschulreife auf jetzt 7.300 junge Menschen mit Studienberechtigung angestiegen ist. Auch die Zahl der Unversorgten mit Hauptschulabschluss ist deutlich um knapp 7 % angestiegen.
Regionale Unterschiede
Die mangelnde Überlappung von Angebot und Nachfrage ist je nach Region und Branche bzw. Beruf unterschiedlich stark ausgeprägt. So treten sie verstärkt in einigen Regionen im Nordosten Deutschlands sowie im Ruhrgebiet auf, der Süden Bayerns und das Münster- und Emsland kennen das Problem kaum. Berufe mit zu wenigen Interessenten für die angebotenen Plätze (sogenannte Besetzungsprobleme) sind - nach wie vor - solche im Lebensmittelhandwerk, in der Gastronomie sowie im Reinigungsgewerbe. Einen - verglichen mit dem Stellenangebot - Überschuss an Bewerberinnen und Bewerbern (Versorgungsprobleme) haben hingegen Berufe im Mediensektor und im kaufmännischen Bereich.
Vertragslösungsquote stagniert
Die Vertragslösungsquote stagniert im Berichtsjahr auf signifikantem Niveau. Nach dem Anstieg im Berichtsjahr 2016 auf 25,8 % weist die Statistik für 2017 einen Wert von 25,7 % aus. Verschiedene Studien deuten darauf hin, dass in etwa der Hälfte der Fälle eine Vertragslösung keinen Abbruch der Ausbildung bedeutet, sondern eine Fortführung in einem anderen Betrieb oder einem anderen Ausbildungsberuf. Dafür spricht auch, dass rund ein Drittel der Lösungen innerhalb der Probezeit stattfindet, ein weiteres Drittel im verbleibenden ersten Ausbildungsjahr. Vertragslösungen bedeuten daher nicht zwingend ein negatives Ereignis. Sie haben - wie im späteren Arbeitsleben ein Wechsel des Arbeitgebers auch - das Ziel einer Verbesserung der (Aus-)Bildungs- bzw. Arbeitssituation.
Klein- und Kleinstbetriebe mit Problemen
Die Zahl der ausbildenden Betriebe ist zwar im Vergleich zum Vorjahr geringfügig gestiegen, die Quote liegt aber aufgrund des noch stärkeren Anstiegs der Betriebszahl weiterhin insgesamt bei 19,8 %.
Wie der Berufsbildungsbericht zeigt, sind es insbesondere Klein- und Kleinstbetriebe, denen es zunehmend schwerfällt, für angebotene Ausbildungsstellen geeignete Bewerber zu finden. Viele dieser Betriebe ziehen sich daher inzwischen aus der Ausbildung zurück.
So liegt der Anteil der Betriebe mit unbesetzten Ausbildungsstellen in Kleinstbetrieben im Jahr 2018 bei 53 %, bei Großbetrieben bei nur 24 %. Ebenso kann beobachtet werden, dass in Kleinstbetrieben häufiger Ausbildungsverträge gelöst und erfolgreiche Auszubildende seltener übernommen werden (60 % vs. 83 % für 2017) als in Großbetrieben, was wiederum zusätzlichen Aufwand für die Betriebe bedeutet.
Anteil junger Frauen und Männer in der Berufsausbildung
Junge Männer beteiligen sich immer stärker an der dualen Ausbildung, während der Anteil junger Frauen hier weiter sinkt, dafür jedoch in den schulischen Ausbildungsgängen der Sozial- und Erziehungsberufe hoch ist und weiter steigt. Von den 531.400 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen im Jahr 2018 wurden 195.900 (36,9 %) mit jungen Frauen geschlossen. Junge Männer kamen auf 335.500 neu abgeschlossene Ausbildungsverträge, ein Anteil von 63,1 %.
Der Anteil der jungen Frauen bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen nahm 2018 um 1.800 (-0,9 %) gegenüber dem Vorjahr ab. Bei den jungen Männern vollzog sich im selben Zeitraum eine Steigerung um 9.900 bzw. 3 %. Damit setzt sich der Trend der letzten Jahre fort: Die Zahl der jungen Frauen, die sich für eine duale Ausbildung entscheiden, sinkt.
Ein Grund hierfür liegt Analysen des BIBB zufolge in der demographischen Entwicklung. Aufgrund der rückläufigen Zahl der Schulabgängerinnen und Schulabgänger in den letzten Jahren reduzierte sich in beiden Geschlechtergruppen das Potenzial der Ausbildungsplatznachfrage. Bei den Männern konnte dieser Verlust durch zusätzliche Ausbildungsinteressenten kompensiert werden, die aus der starken Zuwanderung der letzten Jahre resultieren. Da es sich bei den Zugewanderten zu großen Teilen um junge Männer handelt, ergab sich ein ähnlicher Effekt bei den Frauen nicht.
Quellen: Pressemitteilungen des BMBF und des BIBB vom 10.04.2019 sowie Berufsbildungsbericht und Datenreport 2019
Weitere Informationen
Positionen zum Berufsbildungsbericht 2019
Der Berufsbildungsbericht 2019 der Bundesregierung ist im Internet abrufbar unter www.bmbf.de/de/berufsbildungsbericht-2740.html
Der BIBB-Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2019 kann als vorläufige Fassung im PDF-Format unter www.bibb.de/datenreport-2019 kostenlos heruntergeladen werden. Die Print-Version steht voraussichtlich ab Juli zur Verfügung.