DIHK-Ausbildungsumfrage: Betriebe setzen trotz Krise auf Fachkräftesicherung
07.07.2020
Trotz vieler kreativer Ansätze seitens der Unternehmen wird das betriebliche Ausbildungsplatzangebot in diesem Corona-Jahr niedriger ausfallen als 2019. Es gibt aber noch immer vielfältige Chancen – das geht aus der jüngsten Ausbildungsumfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) hervor.

"Die Entwicklung des Ausbildungsmarktes in diesem Krisenjahr ist schwerer abzuschätzen als in den Vorjahren", betont der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks. Die DIHK-Umfrage unter mehr als 15.000 Unternehmen könne daher "nur eine Momentaufnahme sein".
Aktuell sieben Prozent weniger Ausbildungsplätze
Und die zeigt, dass die Pandemie ihre Spuren nicht nur im Arbeits-, sondern auch im Ausbildungsmarkt hinterlässt: Die Bewerbungsprozesse in den Betrieben sind ins Stocken geraten; vielerorts verzögern sich Einstellungen. Auch wenn beispielsweise jeder vierte Ausbildungsbetrieb Gespräche über Video- und Telefonkonferenzen abwickelt, geht der DIHK davon aus, dass sich die Anbahnungsprozesse ungefähr um zwei bis drei Monate nach hinten verschoben haben.
Im Ergebnis liegt das betriebliche Lehrstellenangebot im Branchendurchschnitt aktuell um gut sieben Prozent unter dem Vorjahresniveau. "Gleichzeitig haben viele Unternehmen noch nicht abschließend über die Zahl ihrer Ausbildungsplätze entschieden", stellt Dercks klar. "Das zeigt, dass die derzeitigen Vermittlungsanstrengungen, aber auch Anreize durch finanzielle Unterstützung Sinn machen."
Anpassungen schon vor der Pandemie
Den Rückgang der Zahlen erklärt der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer vor allem mit der Covid-19-Pandemie: "Viele Betriebe sind derzeit gezwungen, auf Sicht zu fahren. Sie überdenken daher auch ihre Ausbildungsentscheidungen gründlich und verschieben bei Bedarf."
Auch habe sich schon im Herbst 2019 vor allem in Teilen der Industrie eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation abgezeichnet, "sodass die Unternehmen hier bereits vor der Corona-Pandemie Anpassungen vorgenommen haben".
Ausgangspunkt: ein Rekordhoch
Dercks gibt zudem zu bedenken, dass die Betriebe ihr Ausbildungsangebot im Interesse der Fachkräftesicherung in den vergangenen Jahren stark aufgestockt haben – auf einen Höchststand 2019. Allerdings mussten sie dabei auch die Erfahrung machen, "dass sie viele ihre Plätze nicht besetzen konnten, weil es oftmals an geeigneten Bewerbern mangelte", erinnert er. "2019 erhielten mehr als 18.000 Unternehmen keine einzige Bewerbung auf ihre angebotenen Ausbildungsplätze; rund 60.000 gemeldete Stellen blieben unbesetzt."
Auch die gestiegene Studierneigung von Schulabgängern ist ein Faktor dafür, dass manche Unternehmen ihr Ausbildungsplatz-Angebot herunterfahren. Stattdessen greifen sie laut Dercks "stärker auf Hochschulabsolventen zurück".
Lage ist besser als im Krisenjahr 2009
"Vergleicht man die jetzige Situation allerdings mit der im Krisenjahr 2009, zeigt sich ein besseres Bild", betont der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer. So würden 2020 knapp 100.000 mehr Lehrstellen bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet als 2009 – bei heute 120.000 weniger Schulabgängern.
Betriebe übernehmen möglichst viele Ausbildungsabsolventen
Wie wichtig den Unternehmen die Fachkräftesicherung ist, belegen auch die Ergebnisse zur Übernahme in Beschäftigungsverhältnisse: 62 Prozent der Befragten beschäftigen nach erfolgreichem Ausbildungsabschluss sämtliche Azubis weiter, viele der übrigen Betriebe immer noch einen beachtlichen Teil. "Angesichts der wirtschaftlich angespannten Lage vieler Unternehmen ist das Ergebnis relativ positiv", kommentiert Dercks die Zahlen.
Digitalisierung hilfreich, aber mit Nachholbedarf
Er lobt auch die große Flexibilität, mit der es den Unternehmen in den letzten Wochen und Monaten gelungen ist, Auszubildende trotz Lockdown und Kontaktbeschränkungen adäquat auszubilden. Wie die Umfrage belegt, nutzten 35 Prozent das Instrument des Homeoffice mit enger Betreuung, viele setzten digitale Kommunikationsmittel und Lernangebote ein.
Das habe auch die Chancen der Digitalisierung in den Fokus gerückt, so Dercks. "Die Krise hat aber auch deutlich gemacht, wie wichtig eine zeitgemäße Ausstattung der Berufsschulen ist. Hier ist an vielen Stellen dringender Nachholbedarf sichtbar geworden."
Der Umfrage zufolge wünschen sich die IHK-Ausbildungsbetriebe bei der Umsetzung des Digitalpakts zu 74 Prozent das Angebot einer Lernplattform; zweitwichtigstes Anliegen sind Blended-Learning-Angebote für die Auszubildenden (64 Prozent).