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Auszubildende blicken positiver in ihre Zukunft als gedacht

03.08.2020

Einer kürzlich durchgeführten Umfrage von WorldSkills Germany zufolge schätzen über 80 Prozent der Auszubildenden ihre berufliche Zukunft trotz der Corona-Krise weiterhin gut ein.

Auszubildende blicken positiver in ihre Zukunft als gedacht

In der aktuellen Corona-Krise wird seitens der Politik, Gewerkschaften, von Verbänden und anderen Institutionen häufig an Unternehmen appelliert, die Zukunft ihrer Auszubildenden und damit die Zukunft unserer Wirtschaft nicht kurzfristigen Einsparungen durch Stellenabbau zu opfern. Im Juni hatte die Regierung hierfür extra ein Hilfsprogramm für kleine und mittelgroße Ausbildungsbetriebe geschaffen, mit dem die Sicherung von Ausbildungsplätzen unterstützt werden soll.

Was der Ansicht von WorldSkills Germany nach im bisherigen Diskurs jedoch fehlt, sind Wortmeldungen von Auszubildenden selbst. WorldSkills Germany führte deshalb im Mai und Juni eine anonyme Umfrage für (angehende) Auszubildende durch, um zu erfahren, wie es ihnen in der aktuellen Corona-Krise geht, wie sie über ihre berufliche Zukunft denken und was sie der Politik mit auf den Weg geben möchten.

Betreuung durch Ausbildungsbetriebe wird als gut oder besser eingeschätzt

Was zunächst überraschen mag: 94 Prozent der Auszubildenden gaben an, dass ihr Ausbildungsvertrag weiterhin sicher ist. Lediglich 6 Prozent befürchten, dass ihr Vertrag wieder aufgelöst wird, haben von konkreten Plänen erfahren, dass der Vertrag aufgelöst werden soll oder haben bereits eine Aufhebung ihres Vertrages erlebt. Allerdings ist es gesetzlich auch nicht ganz leicht, Auszubildenden zu kündigen.

Bei der Frage nach der momentanen Betreuung durch den Ausbildungsbetrieb erhalten die Unternehmen von 77 Prozent ein positives Feedback. Sie fühlen sich genauso gut oder sogar besser betreut im Vergleich zu der Zeit vor der Corona-Krise. 22 Prozent hingegen fühlen sich weniger gut betreut und führen dies u. a. auf den fehlenden Kontakt zu Ausbildern bzw. Ausbilderinnen und Kollegen und Kolleginnen aufgrund von Homeoffice oder Kurzarbeit zurück.

Betreuung durch Berufsschulen: zu wenig Kommunikation und Wissensvermittlung

Die Berufsschulen kommen bei der Frage nach der momentanen Betreuung nicht ganz so gut weg. 52 Prozent der Auszubildenden fühlen sich weniger gut betreut. Der am häufigsten genannte Grund ist der Mangel an Kommunikation mit dem Lehrpersonal oder der Schule selbst. Es werden zu wenig Inhalte oder Lernstoff zur Verfügung gestellt und gleichzeitig auch zu wenig Wissen online direkt durch Lehrpersonal vermittelt. Von 47 Prozent der Teilnehmenden wird die Betreuung weiterhin als gut oder sogar besser eingeschätzt. Sie gaben u. a. an, dass der Online-Unterricht gut funktioniert und ziehen diesen teilweise dem Präsenzunterricht vor.

Einschätzung der Übernahme-Chancen variiert mit Ausbildungsfortschritt und zwischen Berufen

Die Frage „Wie schätzt du deine Chance auf eine Übernahme nach Abschluss deiner Ausbildung ein?“ zeigt, betrachtet man die einzelnen Ausbildungsjahrgänge, ganz unterschiedliche Ergebnisse. Während die Auszubildenden des ersten und zweiten Lehrjahres ihre Chancen mit 65 und 62 Prozent noch genauso groß sehen, sind dies bei den Auszubildenden im dritten Ausbildungsjahr nur 40 Prozent. 37 Prozent hingegen schätzen ihre Chancen auf Übernahme momentan als schlechter ein. Auch zwischen den einzelnen Berufen gibt es größere Unterschiede. So schätzen 76 Prozent der Auszubildenden im Berufssegment „Bau, Architektur, Vermessung und Gebäudetechnik“ ihre Chancen genauso groß oder besser ein. Bei den Auszubildenen aus dem Segment „Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung“ sind es sogar 84 Prozent.
Im Vergleich zu den 23 Prozent aller Auszubildenden, die ihre Chance auf Übernahme schlechter einschätzen, sind es bei den Berufssegmenten „Rohstoffgewinnung, Produktion und Fertigung“, also den Industrie-Berufen, 32 Prozent und bei den „kaufmännischen Dienstleistungen, Warenhandel, Vertrieb, Hotel und Tourismus“ sogar 38 Prozent.

Wie aber denken die Auszubildenden allgemein über ihre beruflichen Zukunftsaussichten? Haben sich diese durch die Corona-Krise verändert? Ganze 64 Prozent gaben an, dass sich an ihrer Einschätzung der Zukunftsaussichten nichts verändert hat. 18 Prozent blicken sogar zuversichtlicher in ihre berufliche Zukunft. Weniger zuversichtlich in Bezug auf die berufliche Zukunft sind hingegen 17 Prozent.

Hygienevorschriften und Ausfall von Berufsschule nerven am meisten

Eine der offenen Fragen der Umfrage lautete „Was nervt dich im Moment am meisten im Job, wegen Corona oder den ganzen Diskussionen hierzu?“. Während es durchaus auch positive Rückmeldungen gab, fallen die meisten Antworten tatsächlich eher negativ aus. Am häufigsten werden dabei die Hygienevorschriften angesprochen. Auch der Ausfall von Berufsschule, Prüfungen und der wenige Unterricht werden angeführt. Die weniger umfassende Betreuung im Betrieb und der geringere Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen ist ebenfalls ein Thema. Darüber hinaus spielen auch die Unsicherheit und Ungewissheit v. a. auch in Bezug auf die berufliche Zukunft eine Rolle.

Politik ist zu weit weg von den Belangen der Auszubildenden

Bei den Fragen, was die Auszubildenden den Politikerinnen und Politikern sagen wollen, die für sie die Regeln aufstellen und ob diese ihre Bedürfnisse verstünden, gaben die an der Umfrage teilnehmenden Azubis eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Antworten. Als positiv bewerteten einige den Umgang der Politik mit der aktuellen Situation und auch die ergriffenen Maßnahmen. Der am häufigsten genannte negative Aspekt ist die nicht ausreichende Hilfe für Schulen und Schüler bzw. Schülerinnen. Daraus resultierte meist die Forderung, mehr Geld in Bildung und Ausbildung zu investieren. Ebenfalls angegeben wurde, dass die Poltiker und Politikerinnen zu weit weg von den Auszubildenden sind. Letztere wünschen sich die stärkere Einbeziehung in Entscheidungen und dass die Bedeutung der Auszubildenden stärker anerkannt werden sollte.

Aus den Rückmeldungen hat WorldSkills Germany abschließend Vorschläge der Auszubildenden zusammengestellt, mit denen sich die Politik näher beschäftigen sollte. Hierbei werden auch die Verbesserung der Infrastruktur (z. B. Digitalisierung, Weiterbildung von Lehrpersonal), die Mischung aus Online- und Präsenzunterricht (auch nach der Corona-Krise), die Möglichkeit für Azubis, im Homeoffice zu arbeiten sowie die Unterstützung von Auszubildenden, die z. B. aufgrund der Pandemie nicht übernommen werden können, genannt.

„Die Umfrage zeigt, dass junge Menschen nicht nur eine Meinung haben, sondern sich auch aktiv mit konstruktivem Feedback einbringen möchten“, resümiert Hubert Romer, Geschäftsführer von WorldSkills Germany. „Unternehmen, Bildungseinrichtungen und auch die Politik sollten diese Motivation nutzen und Ideen der Auszubildenden in ihre Entscheidungen einbeziehen. Schließlich motivieren sie damit die jungen Menschen. Denn die Nachwuchskräfte sind es, die dafür sorgen, dass Deutschland auch in Zukunft stark bleibt.“

(Quelle: Pressemitteilung von WorldSkills Germany vom 29.07.2020)

Weitere Informationen

www.worldskillsgermany.com/de/blog/2020/07/29/auszubildende-blicken-positiver-in-ihre-zukunft-als-gedacht/